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Besuch des Schwurgerichtssaales 600 |
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Am
8. Oktober 2008 fanden sich ca. 20 Mögeldorfer Bürgerinnen und
Bürger unter Leitung des ersten Vorsitzenden, Herrn Wolfgang Köhler,
im Amtsgericht Nürnberg ein. Sie wurden von dem Vizepräsident des
Oberlandesgerichts, Herrn Behrschmidt, begrüßt, der es übernommen
hatte, die Führung durch den Schwurgerichtssaal 600 zu führen.
Dieser Saal, der heute noch für Mordprozesse genutzt wird, war der
Verhandlungsort der Nürnberger Prozesse. Nürnberg wurde als
Verhandlungsort gewählt, weil hier die Reichsparteitage
stattgefunden hatten, die Nürnberger Gesetze veröffentlicht wurden,
die für die systematische Vernichtung der Juden sorgten. Wichtig war
aber auch, dass das Amtsgericht, das einen beträchtlichen Raum bot,
nach einigen Umbauarbeiten, aber doch ziemlich ohne
Kriegseinwirkungen, für einen derartigen Prozess bereit stand.
Bereits am 18. Oktober 1945 fand die Eröffnungssitzung des
Internationalen Militärgerichtshofes in Berlin, dem Sitz des
Alliierten Kontrollrates, statt. Den Vorsitz führte hier ein
sowjetischer Richter – die Anklageschrift wurde verlesen.
Am 20. November 1945 tagte der Alliierte Militärgerichtshof unter
Vorsitz des amerikanischen Richters Robert H. Jackson in Nürnberg.
Es wurde ein Strafprozess gegen 24 Personen der NS-Führung (NSDAP,
Gestapo, Sicherheitsdienst, SS, SA, Reichsregierung, Oberkommando
der Wehrmacht) geführt. Von diesem Tag an bis zum 31. August 1946
wurden in den 218 Verhandlungstagen u. a. 360 Zeugenaussagen
protokolliert. Dazu kamen noch ca. 200.000 eidesstattliche
Versicherungen.
Folgende Anklagepunkte waren vorgesehen:
Die Zielsetzung des Prozesses bestand in vier wesentlichen
Punkten:
Am 30. September und 1. Oktober 1946 wurden die Urteile für 22
Angeklagte verkündet. Zwei Angeklagte waren ausgenommen: Das Urteil
für den Industriellen Kruppe wurde wegen Krankheit verschoben, Ley,
der Führer der DAF (Deutsche Arbeitsfront) hatte bereits Selbstmord
verübt. Zwölf Angeklagte wurden zum Tode durch Strang verurteilt,
drei zu lebenslangen Strafen, vier Angeklagte bekamen zwischen zehn
und zwanzig Jahren Strafe, lediglich drei wurden freigesprochen.
Die Hinrichtungen fanden in den frühen Morgenstunden des 16. Oktober
1946 in der alten Sporthalle des Nürnberger Gefängnisses statt –
dieser Trakt wurde übrigens im Rahmen von Neubaumaßnahmen 1987
abgerissen. Die Leichen wurden anschließend in einem Münchner
Krematorium verbrannt und in einem Nebenbach der Isar verstreut. So
vermied man Wallfahrtsstätten, wie die von Rudolf Heß, unter der die
Bevölkerung von Wunsiedel noch heute zu leiden hat.
Die Prozesse sahen sich auch Kritikpunkten ausgesetzt: So waren
Ankläger und Richter aus neutralen Ländern nicht zugelassen, man
sprach hier auch von einer „Rache der Sieger“. Die
Rechtsstaatlichkeit der Verfahren wurde angezweifelt, ein Mangel an
Rechtsgrundlagen unterstellt. Außerdem wurde bemängelt, dass
alliierte Kriegsverbrechen nicht abgeurteilt wurden. Zwölf große
Verfahren des amerikanischen Militärgerichts in Nürnberg gegen
SS-Ärzte, Juristen, Leiter von Einsatzgruppen und
Sicherheitspolizei, Industrielle, hohe Offiziere, SS-Führer,
leitende Beamte des Auswärtigen Amtes und KZ-Verwalter. In den
ganzen Prozessen ging es um 5.025 Angeklagte, davon wurden 806 zum
Tode verurteilt, 486 davon wurden hingerichtet, die restlichen
Angeklagten wurden zwischen 1950 und 1958 entlassen. Ein interessanter Einblick in einen Teil Nürnberger Geschichte – denn vor Ort wird Geschichte noch lebendiger ...
Ute Köhler |
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