Schon im Frühjahr war der Inhaber der Firma Riedhammer, Herr
Peter Riedhammer, Gast beim Bürger- und Geschichtsverein Mögeldorf und stellte
in einem hochinteressanten Vortrag seine Firma vor. Der Besuch in seiner Firma
stellte den Abschluss dieser Informationsveranstaltung dar, indem wir
Mögeldorfer das, was wir theoretisch erfahren hatten, nun vor Ort besichtigen
konnten.
Gegen 14:30 Uhr fanden sich also ca. 35 Mögeldorfer in dem
Gebäude der Hauptverwaltung der Firma Riedhammer ein. Der Bau, der vor rund 100
Jahren von dem Fabrikanten Neumeyer nach den Plänen eines Brandenburgischen
Schlosses erbaut wurde, begeistert noch heute durch seine Architektur, teilweise
Jugendstil. Man spürt aber auch, dass der jetzige Inhaber mit viel Mühe und
Engagement – so wie wir es auch am Mögeldorfer Kirchenberg erleben dürfen -
die alte Bausubstanz erhält. Übrigens dieser Teil Nürnbergs wurde vom
Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg verschont! Man muss sich vorstellen, dass hier
auf ca. 33.000 qm Gelände (davon 16.000 qm überbaut) früher einmal ca. 3.000
Arbeiter in Lohn standen.
In einem Konferenzraum begrüßte der Chef persönlich die
Mögeldorfer Bürger und brachte eine kurze Einführung über das Wesen und die
Arbeitsweise seiner Firma. Zunächst führte er kurz die Geschichte des
Geländes aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Kabelmetall 1984/85 das
Areal – später konnten wir auf einem alten Foto diese Ausmaße sehen. Die
Firma Riedhammer residierte bis 1987 in den Gebäuden am Schleifweg, in denen
heute die Firma ARO ihren Firmensitz hat. Für die Firma stellt die Herstellung
von Brennöfen für alle Arten von Keramik den Hauptproduktionszweig dar. In
einer historischen Übersicht wurde uns gezeigt, dass Keramik eine tausende
Jahre alte Tradition aufweisen kann. Interessant war u. a. auch zu erfahren,
dass der Begriff "bone china", der ja besonders für chinesisches
Porzellan bekannt ist, von der Verwendung des Rinderknochenmehls (statt dem
Bestandteil Kaolin) abstammt. Neben der bekannten Porzellanverwendung (u. a.
Geschirr oder auch Sanitäranlagen) befinden sich Keramikteile in Handys, in
jedem Motor oder auch Fön. So spielen außer Fliesen und Ziegel alle
Keramikartikel eine Rolle. Zurzeit beschäftigt die Firma 260 Mitarbeiter mit
sinkender Tendenz, seit 1939 besteht eine Lizenzvereinbarung mit Japan. 85 –
90 Prozent der Fabrikation gehen in den Export, es gibt kaum noch deutsche
Kunden. In Japan und England wurden eigene Firmen gegründet, ansonsten sind
Niederlassungen in mehr als 80 Ländern der Welt. Ein Motto der Firma lautet:
"Kompetenz durch produktspezifisches Fachwissen." Die von der Firma
Riedhammer angebotene Leistungspalette umfasst: Anwendungsberatung, Engineering,
Projektierung, Logistik, Produktionskonstruktion, Montage, Inbetriebnahme,
Service. So kann sich der Kunde auf eine Komplettbetreuung verlassen, was in
Zeiten großer Konkurrenz nur von Vorteil sein kann. Die so produzierten Anlagen
können ein Auftragsvolumen zwischen einer halben Million bis zu 10 oder 20 Mio.
Euro umfassen. Nach diesen allgemeinen Ausführungen sahen wir einen Videofilm,
der sich u. a. mit den Meilensteinen der Brenntechnik-Entwicklung, so wie sie
die Firma Riedhammer auf den Weg gebracht hat, beschäftigte. Der Wille zu
stetiger Innovation und die Kundennähe sind ein wichtiger Bestandteil der
Firmenphilosophie.
Bevor sich die Gruppe zum Firmenrundgang teilt, überreicht
die Mögeldorfer Stadträtin, Frau Hölldobler-Schäfer, im Namen des Bürger-
und Geschichtsvereins Herrn Riedhammer ein Weinpräsent und bedankt sich für
die Möglichkeit die Firma besichtigen zu können und die dafür investierte
Mühe seitens der Geschäftsleitung. Den Rundgang führten Herr Riedhammer und
einer seiner Mitarbeiter durch. Die "Gruppe Riedhammer" konnte
während des Rundgangs Einblick in folgende Abteilungen nehmen: Über das
Konstruktionsbüro, eine Fertigungshalle, die Lackierungsanlage (interessant
hier der Einsatz einer Solaranlage, die Warmluft zum Trocknen leistet und eine
Menge an CO2-Ausstoß einspart) kamen wir in eine Montagehalle, in der u. a.
Aufträge für Indien, Algerien oder die bekannte Porzellan-Manufaktur –
"Royal Copenhagen" – in Dänemark zusammengestellt wurden. In dem
Wasserturm, der als Kennzeichen in Klingenhof weit sichtbar ist, wurde das Labor
und die Anwendungs- und Versuchsabteilung untergebracht. Der Versuch in den
oberen Etagen ein schönes Dachterrassen-Restaurant für die Mitarbeiter zu
etablieren, musste aus Kostengründen scheitern, weil die Herausnahme der immer
noch vorhandenen Wassertanks zu aufwendig war. Im Laufe seiner Führung wies
Herr Riedhammer auf zwei wichtige Faktoren hin: Die erste Frage, die sich
stellt, ist: Kann man mit den vorgegebenen Materialien einen zufrieden
stellenden Brennvorgang durchführen? Zweitens man muss überprüfen, ob man den
Brennvorgang beherrschen kann, d. h. dass das gewünschte Ergebnis erzielt
werden wird. Praktisches Beispiel konnte an zwei Tellern demonstriert werden:
Eine Porzellanfirma braucht einen neuen Brennofen, möchte das gleiche Dekor in
gleicher Güte wieder herstellen. Wenn es hier zu Farbunterschieden kommt, muss
man sich um eine Problemlösung bemühen. Hierzu gehört u. a. das Wissen, dass
das Verhalten der Glasur auch von der Sauerstoffzufuhr abhängig ist. Des
Weiteren kam man auch auf die möglichen Studiengänge zu sprechen. Es gibt hier
die Möglichkeit der Verfahrenstechnik und des Industrieofenbaus. Die Firma
unterhält engen Kontakt zu verschiedenen Lehrstühlen der Universitäten,
unterstützt so Projekte und gibt aber auch gezielt Diplom- und
Forschungsarbeiten in Auftrag. Eine weitere Station im Rundgang war das
Messzentrum und die Lehrwerkstatt. Früher bildete die Firma über 20
Auszubildende aus, immer mehr, als man selbst gebraucht hat. Jetzt sind es zehn
bis fünfzehn junge Leute, die als Anlagenelektroniker oder Anlagentechniker,
aber auch im kaufmännischen Bereich ausgebildet werden. Geplant ist eine
Kooperation zwischen einigen großen Firmen, die so in einer Vernetzung eine
bestmögliche Ausbildung garantieren wollen.
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Nach dem Rundgang führte uns Herr Riedhammer in die
werkseigene Kantine, in der Kaffee, kalte Getränke, ein Kuchen- und
Kanapee-Büfett auf uns warteten. So war noch genügend Zeit für Gespräche
untereinander und nachdem die zweite Gruppe auch eingetroffen war, genug
Gelegenheit für Fragen an den Geschäftsinhaber. Hier wurde u. a. deutlich,
dass trotz eines Umsatzvolumens zwischen 50 und 70 Mio. Euro der geschäftliche
Erfolg starken Schwankungen unterworfen ist. So hatte das Unternehmen z. B. im
Jahre 1999 einen absoluten Einbruch zu verzeichnen, weil die Auftragseingänge
stagnierten. Im Jahre 2000 musste also ein immenser Verlust verzeichnet werden.
Dies liegt sicherlich auch an der Globalisierung, die Gewinnmargen enger werden
lässt und Konkurrenz auch dort entstehen lässt, wo Lohnnebenkosten noch sehr
gering sind. So verstehen es z. B. chinesische Hersteller als ganz normal,
Brennöfen zu "kopieren" – gereiche es doch dem kopierten
Unternehmen als Ehre, dass gerade er kopiert worden sei. Die Bürger mit ihrem
Kaufverhalten, das die günstigsten Waren favorisiert, sind ein weiterer Grund
für die Auslagerung von Produktion in Billigländer. So kann z. B. China halb
so teuer produzieren wie ein deutscher Hersteller. Der Heimvorteil ist nicht
mehr vorhanden – im Gegenteil, viele oberfränkische Porzellanmanufakturen
stehen am Ruin. Öfen sollen oder müssen nicht mehr einige Jahrzehnte
überdauern, sondern knapp zwei bis drei Jahre. Daher sollen diese auch in der
Produktion nicht mehr so viel kosten. Man lässt sich 10 und mehr Angebote
vorlegen, nimmt das billigste, nicht unbedingt immer das, das am meisten
Qualität bietet. Nachdem auch im Jahr 2001 von Juli bis Dezember keine
Auftragseingänge zu verzeichnen waren, entschloss sich die Firma Riedhammer
eine 30-prozentige Beteiligung einer italienischen Maschinenbaugruppe mit einer
1 Milliarde Umsatz zu akzeptieren. Bei Projekten von nunmehr 10 bis 30 Mio. Euro
werden die Forderungen der Banken mit Bankbürgschaften immer problematischer,
da eine Rückhaftung als Privatperson unmöglich wird. So befindet sich die
Firma Riedhammer in einer gewissen Umbruchphase. Von den momentan insgesamt 120
Arbeitnehmern werden nur noch ca. 30 – 40 Personen übrig bleiben, die dann
neben Entwicklung und Montage in den Produktionsstätten im Ausland sein werden
und dort vor Ort die Kunden betreuen werden. So wird auch das Thema Innovation
in Zukunft eine immer größere Rolle spielen, um konkurrenzfähig zu bleiben
– und das kostet wiederum Geld! Riedhammer kann aber immer noch seine
führende Marktposition weltweit behaupten, was nicht zuletzt an dem zuletzt
genannten Faktor liegt. Weltweit hat Riedhammer 10 – 15 ernstzunehmende
Konkurrenten, Riedhammer hat aber den besten Ruf weltweit. Auch auf sozialem
Gebiet leistet Riedhammer neben der Kantine einiges: So unterhält man einen
Betriebssportverein und einen Betriebskulturverein. Mit dem Ausblick auf das
Jahr 2004, in dem das 80ig-jährige Firmenjubiläum gefeiert wird, beschloss
Herr Riedhammer gegen 17:30 Uhr die Führung durch sein Werk. Frau
Hölldobler-Schäfer bedankte sich recht herzlich für die aufschlussreichen
Gespräche und die Gelegenheit, wieder einen großen – weltweit vertretenen
– Konzern Mögeldorfs besuchen zu dürfen. Alle Anwesenden unterstrichen dies
mit einem herzlichen Applaus und großem Dank!