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Überraschung beim Umbau - Feinkost Langer Ziegenstraße 20

Heftausgabe Februar 2017

Nordseite - Ziegenstraße 20

 

Das Schmausenschloss mit seinem weitläufigen Park ist wohl allen Mögeldorfern ein Begriff. Weniger bekannt dürfte sein, dass der „Feinkost-Langer“ einst zu diesem Besitz gehörte. Das ganze Areal wurde 1667 von dem Rotbierbrauer und Mitglied des kleinen Rats, Georg Schmaus erworben. Es umfasste einen großen Garten mit einem Herrenhaus und einem Voitenhaus. In diesem wohnte der Voit oder Vogt, ein Verwalter und Gärtner. Das ursprüngliche Voitenhaus war gegenüber dem Pfarrhaus gelegen. Dort befand sich auch ein Vieh-stall von dem sich die Nachbarn, vor allem der Pfarrer belästigt fühlten.1682 wurde ein neues Herrenhaus gebaut, so wie es jetzt noch im Wesentlichen steht mit dem Barockgiebel und dem Treppentürmchen, das Schmausenschloss. Ein paar Jahre später, 1685, soll der Stall und das alte Voitenhaus abgebrochen worden sein. An seiner Stelle wurde hinter dem Herrenhaus ein Kuhstall gebaut, vielleicht schon mit Wohnung für den Verwalter. An diesem Gebäude wurden immer wieder Anbauten und Veränderungen getätigt. Dieses Anwesen, heute Feinkost Langer in der Ziegenstraße 20 wird immer noch als Voitenhaus bezeichnet.

 

Der gesamte Besitz der Familie Schmaus wurde 1725 an den Apotheker Neubauer verkauft, ging an den Herrn Hofrat von Hagen, an den Bankier von Scheidlin, an den Unternehmer Cramer und über weitere Besitzer 1926 an die Stadt Nürnberg. Das Voitenhaus, Ziegenstraße 20 wurde 1892 abgetrennt und zu einem Wohnhaus umgebaut. 1963 erwarben es Hans und Anni Maier mit dem bereits bestehenden Lebensmittelgeschäft. Die Tochter Ulrike Langer führt das Geschäft seit 1980. Als Feinkost Langer ist es weit über Mögeldorf hinaus ein Begriff.

 

Als nun Frau Langer einen Teil des Baudenkmals renovieren und als Wohnung nutzen will, wurde das Gebäude mit Hilfe von Bau- und Archivalienforschung und dentrochronologischen Datierungen (Holzbohrkernuntersuchungen) aufwendig untersucht. Daran beteiligt sind Bauhistoriker Robert Giersch, Restaurator Adalbert Wiech und Architekt Martin Schinner/2-bs Architekten:

 

Frau Langer erlebte nicht nur eine Überraschung.

 

Das Voitenhaus, das archivalisch erstmalig 1667 erwähnt worden war, ist viel älter und in wohl sieben Bauphasen entstanden. Aus der ersten Phase, der „Keimzelle“ hat man durch Holzkernbohrungen festgestellt, dass eine Fachwerkwand etwa aus dem Jahr 1582 stammt. Damals war sie die südliche Außenwand. Durch einen späteren Anbau ist sie heute innerhalb des Hauses und wird nach ihrer Restaurierung zu einem Schmuckstück im Hause Langer werden. (In Mögeldorf wurde nur im Hallerschloss ein älteres Gebälk aus dem Jahr 1502 und im Fischergütlein eines von 1555 gefunden.)

 

Eine zweite Überraschung offenbarte sich im anschließenden südlichen Barockanbau von 1728. Er war auch in Fachwerkbauweise errichtet worden und barocktypisch vollständig verputzt. Eine fast komplett erhaltene Stuckdecke mit einem umlaufenden Stuckfries war unter Tapeten verborgen. Sechs symmetrisch angeordnete Fenster und eine Gartentür an der Westseite waren ursprünglich vorhanden – fünf davon sind zugemauert worden. Eine Ofenstelle mit bauzeitlicher Brandmauer ist ebenfalls vorhanden. Auf der Südseite steht vor dem Gebäude ein originaler Barockbrunnen.

 

Seltsam. Der Bauantrag von 1728 war für ein „Hühner- und Waschhaus“ gestellt. Die gehobene Ausstattung lässt jedoch auf einen Gartensaal oder ein Teehäuschen schließen.

 

Dafür hätte der damalige Besitzer, der Apotheker Neubauer kaum eine Baugenehmigung bekommen. Das zuständige Waldamt hielt nicht viel von unnötigem Luxus. Mit dem angeblichen „Hühner- und Waschhaus“ konnte Neubauer den Rat der Stadt Nürnberg gründlich täuschen. Dieser Raum wird nun sorgfältig restauriert werden, passende Fenster eingefügt und vor allem die Stuckdecke wieder hergestellt Hier entsteht mehr als ein Gartensaal. Mögeldorf wird um ein Kleinod bereichert. 

 

Südseite - Ziegenstraße 20

 

Barock-Anbau aus dem Jahr 1728 mit einer Stuckdecke

 

Fachwerk rechts dentrochronologisch um 1582 datiert 

 

Elfriede Schaller, mit Unterstützung von Architekt Martin Schinner - Foto: Restaurator Wiech | Seitenanfang

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