Wieder
vom Wetter verwöhnt startete unsere Reisegruppe zur traditionellen
Geschichtsfahrt zur Jahresausstellung des Hauses der Bayerischen
Geschichte diesmal unter dem Motto Wiederaufbau und
Wirtschaftswunder in Würzburg. Nach einem etwas unkoordinierten
Einlassverfahren durch die Ausstellungsleitung waren unsere beiden
Gruppenführer aber bestens für uns präpariert. Die Ausstellung war
die bestbesuchte Ausstellung des Hauses der Bayer. Geschichte, was
nicht zuletzt daran lag, dass auch die meisten unserer
Reiseteilnehmer Bestandteil dieser Geschichtsepoche und somit
Zeitzeugen waren.
Im Rahmen einer Sammelaktion „Von Trümmernot zu Petticoat“ brachten
Würzburger Bürger ihre Schätze in die Residenz und überließen sie
den Ausstellungsmachern. Ziel der Ausstellung war es, die Geschichte
der Betroffenen zu erzählen und realistisch nachzubilden.
Nach der Darstellung der unfassbaren Zerstörung Würzburgs am 16.
März 1945 und dem sich anschließenden Einmarsch der Amerikaner gehen
die Würzburger an den Wiederaufbau.
Ein Zeitzeuge: „Aus der Hofstraße jagt eine glühende Schlange auf
den Platz. Pfeilschnell schießt ein Funkenstrom, der fast bis an die
Hüfte reicht, über den Boden, getrieben von rasendem Wind. Als er
ein wenig nachlässt, wage ich, den Fuß in den Feuerstrom zu setzen.
Ich habe das Gefühl, als träte ich in reißendes Wasser, so stößt und
zerrt der Sturm den Körper. Ich wanke und drohe umzufallen.“
Danach erlebten wir die Zeit des Wiederaufbaus. Von den
Trümmerfrauen und den Carepaketen bis zum Nierentisch und dem
Petticoat, von den Entbehrungen der Nachkriegszeit bis zum neuen
Wohlstand der fünfziger Jahre, von der Politik bis zur Alltagskultur
spannt sich der Bogen. Viele konnten eigene Erinnerungen
wiederbeleben.
Ein schöner Nebeneffekt war, dass wir zugleich die Faszination der
Würzburger Residenz als Hauptwerk des süddeutschen Barock und
außerdem eines der bedeutendsten Schlösser Europas besichtigen
konnten. Die UNESCO nahm sie bereits 1981 – als drittes Bauwerk in
Deutschland – in die Liste der zum Welterbe gehörenden Objekte auf.
Erbaut wurde sie 1720 – 1744 nach Plänen Balthasar Neumanns. Das
einzigartige Treppenhaus – eine einzige, freitragende
Muldenkonstruktion - offenbart das Genie Neumanns, der damals
gleichwohl noch am Anfang seiner Karriere stand. Bei der Ausstattung
wirkte eine große Zahl hervorragender Künstler mit, darunter der
Stuckateur Antonio Bossi und der bedeutendste Freskenmaler der Zeit,
der Venezianer Giovanni Battista Tiepolo, der im Treppenhaus das
größte zusammenhängende Fresko der Welt schuf. Neumann standen Lucas
von Hildebrandt aus Wien und Maximilian von Welsch aus Mainz zur
Seite.
Nach dem Mittagessen im Würzburger Hofbräukeller besichtigten wir
die Festung Marienberg. Bereits in keltischer Zeit befanden sich
hier eine Fliehburg und ein heidnischer Kultplatz. Nach der
Völkerwanderung kamen im 6. Jahrhundert die Franken. Zu Beginn des
8. Jahrhunderts wurde die Marienkirche, die älteste Kirche aus dem
Jahr 704, errichtet. Um 1200 wurde eine Burganlage mit Bergfried und
tiefem Brunnen erbaut. Von 1253 bis 1719 war die Festung Marienberg
die Residenz der Würzburger Fürstbischöfe.
Danach ging es mit dem Schiff nach Veitshöchheim. Der
Rokoko-Lustgarten von Veitshöchheim gehört zu den prachtvollsten
Gärten Deutschlands. Mehr als 300 Steinfiguren, die entlang schöner
Alleen und Beete, in Lauben und in kleinen Seen stehen, machen den
Park zu einem beeindruckenden Gesamtkunstwerk. Der blütenreiche
Garten entfaltete für uns Besucher in der Abendsonne seine schönsten
Farben.
Auf dem Rückweg gab es dann in Abtswind noch einen frischen Schoppen
Frankenwein. Nach soviel Kultur und Kunst mehr als verdient. Und wem
der Schoppen geschmeckt hat: Bei Maria Kredel im Frankenwein-Centrum
in der Mögeldorfer Hauptstraße kann man ihn noch nachkaufen.
Für die wie immer außerordentlich perfekt vorbereitete Reise danke
ich Frau Stadträtin Hölldobler-Schäfer sehr herzlich.
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