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Jahresfahrt des Bürger- und
Geschichtsvereins Mögeldorf |
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Erschienen in der Heftausgabe
Oktober 2010
Italien ist ein klassischer Sehnsuchtsort. Man
muß noch nicht mal da gewesen sein, um eine
konkrete Vorstellung zu haben vom Land, in dem
die Zitronen blühen, wie es Eichendorff
zauberhaft beschreibt. Für die Bayern war der
Nachbar im Süden immer auch Inspirationsquelle
und Akteur auf der politischen Bühne. Manchmal
als Gegner, manchmal als Freunde. Die Alpen
waren nur auf den ersten Blick eine Barriere. In
Wirklichkeit pflegten Norden und Süden lebhaften
Austausch. Mal schickte man Diplomaten, mal
Soldaten, mal potentielle Ehepartner. Die Römer
machten Regensburg zum Hauptquartier der Legio
III Italica und verwalteten von Augsburg aus die
Provinz Raetien. Langebarden und Bajuwaren
tauschten eifrig Heiratspartner aus und
koordinierten ihre Politik. Der Wittelsbacher
Ludwig ließ sich in Rom von Sciarra Colonna
willkommenheißen und von zwei exkommunizierten
Bischöfen zum Kaiser krönen. Ein Präzedenzfall
für die deutsche Verfassungsgeschichte: auch
ohne päpstliche Billigung konnte man Kaiser
sein. Der Pontifex war dem Herrscher Feind und
nannte ihn herabsetzend nur den „Bayern“.
Als Besatzer von Napoleons Gnaden kassierten Bayern am Gardesee sogar Zoll. Noch heute fühlen sie sich am Benaco besonders heimisch. 1810 mußten sie die italienischen Teile Tirols auf Napoleons Geheiß an Österreich zurückgeben. „Baiern verliert durch die Abtretung des Etschkreisees einen der schönsten und fruchtbarsten Theile, vielleicht den schönsten Theil seines Königreichs“, meinte ein bayerischer Beamter.
Tirol blieb ein Zankapfel: Im 1. Weltkrieg
kämpften bayerische Alpenkorps-Soldaten an der
Seite österreichischer Kaiserjäger in den
Dolomiten gegen italienische Alpini. Aber auch
die Annäherung von Nord und Süd konnte Unheil
zeitigen: Mussolinis Marsch auf Rom brachte
Hitler auf die Idee von Putsch und Marsch auf
die Feldherrnhalle. Diesen in Füssen gezeigten
Teil konnten wir leider nicht besuchen.
Und so ging es am Samstag, den 28. September, um
07:30 Uhr los. Pünktlich verließen 52
interessierte Mögeldorfer Bürgerinnen und Bürger
und Nachbarn aus Zabo bei schönem
frühherbstlichen Wetter Nürnberg. Der erste
Besichtigungsort war Augsburg, genauer das
Maximilianmuseum, in dem die Ausstellung „Künstlich
auf Welsch und Deutsch“ stattfindet. In
einer Führung erfuhr man viele Einzelheiten, die
man alleine so nicht sehen kann. Nicht alle
Ausstellungsobjekte sollen hier erwähnt werden,
nur einige, an die sich alle Teilnehmer mit
Freude erinnern werden.
Die Architektur des Maximilianmuseums ist schon ein Hinweis auf den Reichtum der Stadt: Dieser Bau war im 16. Jahrhundert ein Welserpalais – die Welser gehörten neben den Fuggern zu den reichsten Familien der Stadt. Die Freie Reichstadt Augsburg war somit eine der reichsten Städte im Reich und eine der größten.
Die Bildnisse von Konrad Peutinger, dem
langjährigen Schreiber der Stadt, und seiner
Frau Margarete, einer geb. Welser, stehen im
Mittelpunkt eines weiteren Saales.
Ein
Schreiber hatte eine hohe Stellung innerhalb der
Stadt – Peutinger war dies über mehrere
Jahrzehnte. Er war einer der wichtigsten
Humanisten seiner Zeit – lebenslanges Lernen war
ein zentraler Lebensmittelpunkt. Seine Frau war
ihm eine an seinen Studien interessierte,
ebenbürtige Partnerin. Übrigens ließen sich
damals alle wohlhabenden Leute eine
Porträtmedaille anfertigen. Jörg Seld hat eine
Karte Augsburg geschaffen, die im Jahre 1531 die
Stadt aus der
Vogelschau von Westen her zeigt. Eine
wirklich beeindruckende Leistung, denn die
Straßenzüge, Bauwerke, ja sogar Menschen, sind
en miniature zu erkennen.
Einen weiteren Höhepunkt stellen
Gegenüberstellungen von zwei Werken Albrecht
Dürers und Plagiaten aus Italien dar. Dürer
wurde in Italien oft kopiert, auch wurden seine
Stiche – wir hier in der Ausstellung gezeigt –
auch als Vorlage für Hinterglasmalerei benutzt.
Dürer selbst beklagte diese Plagiate in einem
Brief an seinen Nürnberger Freund Willibald
Pirckheimer.
Jakob Fugger, der Reiche – schon der Beiname ist
Programm. Dabei fing alles ganz anders an. Jakob
war der siebte Sohn, das zehnte Kind in der
Familie. Erst seine bravourös absolvierte
Ausbildung als Kaufmann in Venedig zeigte sein
kaufmännisches Geschick und – seine
Menschenkenntnis. Ein Leben lang verband ihn
eine enge Freundschaft zu Kaiser Maximilian.
Fugger finanzierte seinen Freund und bekam so
manche Gegenleistung dafür: so z. B. das Recht
in Schwarztirol
Silber zu schürfen. Dazu kam, dass Fugger
nach und nach alle Kupferminen in Ungarn
aufkaufte und sich so ein Monopol schuf, dazu
handelte er noch mit Gewürzen, die früher sehr
kostbar waren und nicht zuletzt profitierte er
vom Ablasshandel des Papstes. Dieser Medici
hatte Fugger den Ablasshandel für die Region
nördlich der Alpen überlassen, was dem
Augsburger Kaufmann fünfzig Prozente der
Einnahmen sicherte. Um sich eine standesgemäße
Grablege zu sichern, ließ sich Jakob Fugger
zusammen mit seinen Brüdern die sog.
Fuggerkapelle im italienischen Renaissancesteil
in der St.-Anna-Kirche erbauen. Im Jahre 1525
trat die Stadt Augsburg – übrigens wie die Stadt
Nürnberg im gleichen Jahr - zum evangelischen
Glauben über, d. h. St. Anna wurde evangelisch.
Trotzdem wird bis auf den heutigen Tag einmal im
Jahr eine katholische Messe für die Familie
Fugger gehalten.
Zurück zu seinem Freund – Kaiser Maximilian.
Dieser wollte sich in Anlehnung an die Statue
Marc Aurels in Rom ein Reiterstandbild schaffen
lassen, Planungen sind vorhanden, zur Ausführung
selbst kam es nicht.
Der
bedeutende Maler Tizian, der Hofmaler bei Kaiser
Karl V. war, schuf u. a. eine Porträtstudie
seines Kaisers (1548) – auch er, wie schon bei
Dürer – wurde imitiert. In der Ausstellung ist
das Bild „Junge Frau bei der Toilette“ von
Barthel Beham zu sehen, das im Stile Tizians
gemalt wurde. Warme Farben, besonders das
Honigblond der Haare der jungen Frau faszinieren
den Betrachter noch heute.
Am Ende der Ausstellung stand das Thema „Das
Ende aller Kunst“ – hier geht es um den
Bildersturm, der im Zusammenhang mit der
Reformation mehr oder weniger heftig stattfand.
So wurden im Jahre 1537 Kirchen und Klöster in
Augsburg geplündert.
Das Mittagessen fand im „Zeughaus“
statt, sodass man nach Schwäbischen Maultaschen
oder Käsespätzle gestärkt zur Stadtbesichtigung
aufbrechen konnte.
Das Zeughaus, ehemals die Waffenkammer, und das
daneben liegende Kornhaus dienten als
Ausgangspunkt des Stadtspaziergangs, der dann
durch das gegenüber liegende Fuggersche
Stadtpalais seine Fortsetzung fand. Der größte
Hof, der sog. Wirtschaftshof zeigte die
Repräsentation der Kaufmannsfamilie.
In
den umliegenden Teilen des Palais (Jakob Fugger
hatte mehrere angrenzende Häuser zu einem Palais
vereint) wurden die Handelskollegen
untergebracht. Früher war es üblich, dass sich
die Vertragshandlungen über mehrere Tage
hinzogen und die Händler im Anwesen des Partners
übernachteten. Der Damenhof, in dem heute ein
kleines Gartenrestaurant untergebracht ist, war
für Damen der Gesellschaft gedacht, die sich
hier nach der Geburt ihrer Kinder, erholen
sollten. Weiter ging es zum Rathaus in den sog.
„Goldenen Saal“, der seinem Namen alle Ehre
macht. Eine prachtvolle Ausstattung in Gold
machte den Sitzungssaal des Rathauses – auch
nach der Wiederherstellung - berühmt. Die
Bilderfolge auf der Decke hat eine Bedeutung,
einen Auftrag an Politiker und Bürger. Durch
Allegorien werden den Herrschern, heute würde
man sagen den Politikern, zwei Aufgaben
zugewiesen: Feinde abwehren und Bauwerke
schaffen. Die Liste der Anforderungen an die
Bürger ist länger: Sie sollen fruchtbar sein,
nach Wissen streben, fromm und fleißig sein,
nach Wohlstand streben, ein gesundes Leben
führen, ehrlich und gerecht sein.
Den Abschluss unserer Stadtführung bildete ein
Besuch der Fuggerei – dies war die erste
Sozialsiedlung. Im Jahre 1516 durch die Familie
geschaffen, damals noch 20 Häuser, existiert die
Siedlung mit dreimal soviel Häusern noch heute.
Wichtig war den Fuggern, sozial Schwachen zu
helfen. So gab es viele obdachlose Familien, die
in Sommerzeiten auf der Landstraße lebten, im
Winter gegen Entgelt Unterschlupf in Hospitälern
suchten, die aber durch Kranke und Landstreicher
nicht die beste Umgebung für Familien bildeten.
Die Aufnahme in die Fuggerei war an bestimmte
Voraussetzungen gebunden: Man musste katholisch
sein, Augsburger Bürger, einen guten Leumund
haben, schuldlos verarmt sein und verheiratet
sein. Symbolisch wurde ein rheinischer Gulden
als Miete entrichtet. Heute sind es meist
Rentner, die für jährlich 88 Cent (plus den
üblichen Nebenkosen) die Häuser bewohnen, die
alle die gleiche Aufteilung haben: In einem Haus
sind hinter zwei Türen zwei Wohnungen zu finden:
Eine Parterrewohnung und eine, die den ersten
Stock einnimmt. Davon kann man sich in einer
Museumswohnung, die den Zustand im 16.
Jahrhundert widerspiegelt, überzeugen.
Als gemütlichen Ausklang der Fahrt wurde das sog. Sisi-Schloss in Unterwittelsbach in der Nähe von Aichach aufgesucht. Die spätere österreichische Kaiserin Elisabeth verbrachte in ihrer Jugend einige unbeschwerte Sommer in diesem Schloss. In einer Sonderausstellung, die ihre Kleider, die sie zu besonderen Anlässen trug, zeigt, wurde auch ihr Lebensweg noch einmal deutlich:
Die unbeschwerte Sisi, die Kaiserin in Gala, die
Königin der Ungarn, die trauernde Mutter
Elisabeth, die nach dem Tod ihres Sohnes Rudolf
ihren ganzen Kleiderbestand vernichten ließ und
nur noch in Schwarz ging. Den aufbewahrten
Schnittmustern ist es zu verdanken, dass einige
Kostüme nachgearbeitet werden konnten und so –
zusammen mit zusammengetragenen Accessoires von
Elisabeth – auch einen Blick auf die
Stilsicherheit dieser Kaiserin, heute würde man
von Haute Couture sprechen – werfen. Viele
Schautafeln befassten sich mit der Entwicklung
des Schlosses. Nach soviel Kultur konnte man
sich mit Kaffee und köstlichem Kuchen stärken
und die Möglichkeit nutzen, einen Spaziergang
rund um das Wasserschloss zu unternehmen.
Köhler |
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Impressionen der Jahresfahrt nach Augsburg Erschienen in der Heftausgabe Dezember 2010 |
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