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Jahresfahrten

Jahresfahrt des Bürger- und Geschichtsvereins Mögeldorf
am 28. September 2010 (Augsburg)
Bayern - Italien

  Erschienen in der Heftausgabe Oktober 2010
 

Augsburg Marktplatz Rathhaus
Die Ausstellung Bayern – Italien ist örtlich zweigeteilt, nämlich in das Kloster St. Mang in Füssen und das Maximilansmuseumin Augsburg. Die Reisegruppe musste sich leider mit dem Ausstellungsort Augsburg begnügen.


 

Italien ist ein klassischer Sehnsuchtsort. Man muß noch nicht mal da gewesen sein, um eine konkrete Vorstellung zu haben vom Land, in dem die Zitronen blühen, wie es Eichendorff zauberhaft beschreibt. Für die Bayern war der Nachbar im Süden immer auch Inspirationsquelle und Akteur auf der politischen Bühne. Manchmal als Gegner, manchmal als Freunde. Die Alpen waren nur auf den ersten Blick eine Barriere. In Wirklichkeit pflegten Norden und Süden lebhaften Austausch. Mal schickte man Diplomaten, mal Soldaten, mal potentielle Ehepartner. Die Römer machten Regensburg zum Hauptquartier der Legio III Italica und verwalteten von Augsburg aus die Provinz Raetien. Langebarden und Bajuwaren tauschten eifrig Heiratspartner aus und koordinierten ihre Politik. Der Wittelsbacher Ludwig ließ sich in Rom von Sciarra Colonna willkommenheißen und von zwei exkommunizierten Bischöfen zum Kaiser krönen. Ein Präzedenzfall für die deutsche Verfassungsgeschichte: auch ohne päpstliche Billigung konnte man Kaiser sein. Der Pontifex war dem Herrscher Feind und nannte ihn herabsetzend nur den „Bayern“.

 

Als Besatzer von Napoleons Gnaden kassierten Bayern am Gardesee sogar Zoll. Noch heute fühlen sie sich am Benaco besonders heimisch. 1810 mußten sie die italienischen Teile Tirols auf Napoleons Geheiß an Österreich zurückgeben. „Baiern verliert durch die Abtretung des Etschkreisees einen der schönsten und fruchtbarsten Theile, vielleicht den schönsten Theil seines Königreichs“, meinte ein bayerischer Beamter.

  

Tirol blieb ein Zankapfel: Im 1. Weltkrieg kämpften bayerische Alpenkorps-Soldaten an der Seite österreichischer Kaiserjäger in den Dolomiten gegen italienische Alpini. Aber auch die Annäherung von Nord und Süd konnte Unheil zeitigen: Mussolinis Marsch auf Rom brachte Hitler auf die Idee von Putsch und Marsch auf die Feldherrnhalle. Diesen in Füssen gezeigten Teil konnten wir leider nicht besuchen.

 


Die Reisegruppe widmete sich vielmehr im Maximiliansmuseum in Augsburg auf die Frühe Neuzeit. An Hand des Beispiels Augsburg und seine Beziehungen nach Italien. Anhand vieler alter Meister werden die Ursprünge der Renaissance in Italien wach. Der Einfluß auf Burgkmair, Holbein, Cranach und andere wird deutlich.

 

Und so ging es am Samstag, den 28. September, um 07:30 Uhr los. Pünktlich verließen 52 interessierte Mögeldorfer Bürgerinnen und Bürger und Nachbarn aus Zabo bei schönem frühherbstlichen Wetter Nürnberg. Der erste Besichtigungsort war Augsburg, genauer das Maximilianmuseum, in dem die Ausstellung „Künstlich auf Welsch und Deutsch“ stattfindet. In einer Führung erfuhr man viele Einzelheiten, die man alleine so nicht sehen kann. Nicht alle Ausstellungsobjekte sollen hier erwähnt werden, nur einige, an die sich alle Teilnehmer mit Freude erinnern werden.

 

Die Architektur des Maximilianmuseums ist schon ein Hinweis auf den Reichtum der Stadt: Dieser Bau war im 16. Jahrhundert ein Welserpalais – die Welser gehörten neben den Fuggern zu den reichsten Familien der Stadt. Die Freie Reichstadt Augsburg war somit eine der reichsten Städte im Reich und eine der größten.

 
Die Ausstellung selbst beginnt mit der Darstellung der Bedeutung, die die Renaissance nördlich der Alpen zu Beginn des 16. Jahrhunderts einnimmt. So wird im ersten Saal eine Bronzeskulptur gezeigt: Eine Statue, die Neptun darstellt von Stefan Loscher, geschaffen 1537. Hans Holbein der Ältere (der bedeutendste Maler Augsburg) der den Spagat von der Gotik in die Renaissance nahm. Deutlich wird dies u. a. durch den „Einbau“ von Perspektive.
 

Die Bildnisse von Konrad Peutinger, dem langjährigen Schreiber der Stadt, und seiner Frau Margarete, einer geb. Welser, stehen im Mittelpunkt eines weiteren Saales. Ein Schreiber hatte eine hohe Stellung innerhalb der Stadt – Peutinger war dies über mehrere Jahrzehnte. Er war einer der wichtigsten Humanisten seiner Zeit – lebenslanges Lernen war ein zentraler Lebensmittelpunkt. Seine Frau war ihm eine an seinen Studien interessierte, ebenbürtige Partnerin. Übrigens ließen sich damals alle wohlhabenden Leute eine Porträtmedaille anfertigen. Jörg Seld hat eine Karte Augsburg geschaffen, die im Jahre 1531 die Stadt aus der  Vogelschau von Westen her zeigt. Eine wirklich beeindruckende Leistung, denn die Straßenzüge, Bauwerke, ja sogar Menschen, sind en miniature zu erkennen.

Einen weiteren Höhepunkt stellen Gegenüberstellungen von zwei Werken Albrecht Dürers und Plagiaten aus Italien dar. Dürer wurde in Italien oft kopiert, auch wurden seine Stiche – wir hier in der Ausstellung gezeigt – auch als Vorlage für Hinterglasmalerei benutzt. Dürer selbst beklagte diese Plagiate in einem Brief an seinen Nürnberger Freund Willibald Pirckheimer.

 

Jakob Fugger, der Reiche – schon der Beiname ist Programm. Dabei fing alles ganz anders an. Jakob war der siebte Sohn, das zehnte Kind in der Familie. Erst seine bravourös absolvierte Ausbildung als Kaufmann in Venedig zeigte sein kaufmännisches Geschick und – seine Menschenkenntnis. Ein Leben lang verband ihn eine enge Freundschaft zu Kaiser Maximilian. Fugger finanzierte seinen Freund und bekam so manche Gegenleistung dafür: so z. B. das Recht in Schwarztirol  Silber zu schürfen. Dazu kam, dass Fugger nach und nach alle Kupferminen in Ungarn aufkaufte und sich so ein Monopol schuf, dazu handelte er noch mit Gewürzen, die früher sehr kostbar waren und nicht zuletzt profitierte er vom Ablasshandel des Papstes. Dieser Medici hatte Fugger den Ablasshandel für die Region nördlich der Alpen überlassen, was dem Augsburger Kaufmann fünfzig Prozente der Einnahmen sicherte. Um sich eine standesgemäße Grablege zu sichern, ließ sich Jakob Fugger zusammen mit seinen Brüdern die sog. Fuggerkapelle im italienischen Renaissancesteil in der St.-Anna-Kirche erbauen. Im Jahre 1525 trat die Stadt Augsburg – übrigens wie die Stadt Nürnberg im gleichen Jahr - zum evangelischen Glauben über, d. h. St. Anna wurde evangelisch. Trotzdem wird bis auf den heutigen Tag einmal im Jahr eine katholische Messe für die Familie Fugger gehalten.

 

Zurück zu seinem Freund – Kaiser Maximilian. Dieser wollte sich in Anlehnung an die Statue Marc Aurels in Rom ein Reiterstandbild schaffen lassen, Planungen sind vorhanden, zur Ausführung selbst kam es nicht.  Der bedeutende Maler Tizian, der Hofmaler bei Kaiser Karl V. war, schuf u. a. eine Porträtstudie seines Kaisers (1548) – auch er, wie schon bei Dürer – wurde imitiert. In der Ausstellung ist das Bild „Junge Frau bei der Toilette“ von Barthel Beham zu sehen, das im Stile Tizians gemalt wurde. Warme Farben, besonders das Honigblond der Haare der jungen Frau faszinieren den Betrachter noch heute.

 

Am Ende der Ausstellung stand das Thema „Das Ende aller Kunst“ – hier geht es um den Bildersturm, der im Zusammenhang mit der Reformation mehr oder weniger heftig stattfand. So wurden im Jahre 1537 Kirchen und Klöster in Augsburg geplündert.

 

Das Mittagessen fand im „Zeughaus“ statt, sodass man nach Schwäbischen Maultaschen oder Käsespätzle gestärkt zur Stadtbesichtigung aufbrechen konnte.  

 

Das Zeughaus, ehemals die Waffenkammer, und das daneben liegende Kornhaus dienten als Ausgangspunkt des Stadtspaziergangs, der dann durch das gegenüber liegende Fuggersche Stadtpalais seine Fortsetzung fand. Der größte Hof, der sog. Wirtschaftshof zeigte die Repräsentation der Kaufmannsfamilie. In den umliegenden Teilen des Palais (Jakob Fugger hatte mehrere angrenzende Häuser zu einem Palais vereint) wurden die Handelskollegen untergebracht. Früher war es üblich, dass sich die Vertragshandlungen über mehrere Tage hinzogen und die Händler im Anwesen des Partners übernachteten. Der Damenhof, in dem heute ein kleines Gartenrestaurant untergebracht ist, war für Damen der Gesellschaft gedacht, die sich hier nach der Geburt ihrer Kinder, erholen sollten. Weiter ging es zum Rathaus in den sog. „Goldenen Saal“, der seinem Namen alle Ehre macht. Eine prachtvolle Ausstattung in Gold machte den Sitzungssaal des Rathauses – auch nach der Wiederherstellung - berühmt. Die Bilderfolge auf der Decke hat eine Bedeutung, einen Auftrag an Politiker und Bürger. Durch Allegorien werden den Herrschern, heute würde man sagen den Politikern, zwei Aufgaben zugewiesen: Feinde abwehren und Bauwerke schaffen. Die Liste der Anforderungen an die Bürger ist länger: Sie sollen fruchtbar sein, nach Wissen streben, fromm und fleißig sein, nach Wohlstand streben, ein gesundes Leben führen, ehrlich und gerecht sein.

 

Den Abschluss unserer Stadtführung bildete ein Besuch der Fuggerei – dies war die erste Sozialsiedlung. Im Jahre 1516 durch die Familie geschaffen, damals noch 20 Häuser, existiert die Siedlung mit dreimal soviel Häusern noch heute. Wichtig war den Fuggern, sozial Schwachen zu helfen. So gab es viele obdachlose Familien, die in Sommerzeiten auf der Landstraße lebten, im Winter gegen Entgelt Unterschlupf in Hospitälern suchten, die aber durch Kranke und Landstreicher nicht die beste Umgebung für Familien bildeten. Die Aufnahme in die Fuggerei war an bestimmte Voraussetzungen gebunden: Man musste katholisch sein, Augsburger Bürger, einen guten Leumund haben, schuldlos verarmt sein und verheiratet sein. Symbolisch wurde ein rheinischer Gulden als Miete entrichtet. Heute sind es meist Rentner, die für jährlich 88 Cent (plus den üblichen Nebenkosen) die Häuser bewohnen, die alle die gleiche Aufteilung haben: In einem Haus sind hinter zwei Türen zwei Wohnungen zu finden: Eine Parterrewohnung und eine, die den ersten Stock einnimmt. Davon kann man sich in einer Museumswohnung, die den Zustand im 16. Jahrhundert widerspiegelt, überzeugen.

 

Als gemütlichen Ausklang der Fahrt wurde das sog. Sisi-Schloss in Unterwittelsbach in der Nähe von Aichach aufgesucht. Die spätere österreichische Kaiserin Elisabeth verbrachte in ihrer Jugend einige unbeschwerte Sommer in diesem Schloss. In einer Sonderausstellung, die ihre Kleider, die sie zu besonderen Anlässen trug, zeigt, wurde auch ihr Lebensweg noch einmal deutlich:

 

Sisi-Schloss in Unterwittelsbach

Die unbeschwerte Sisi, die Kaiserin in Gala, die Königin der Ungarn, die trauernde Mutter Elisabeth, die nach dem Tod ihres Sohnes Rudolf ihren ganzen Kleiderbestand vernichten ließ und nur noch in Schwarz ging. Den aufbewahrten Schnittmustern ist es zu verdanken, dass einige Kostüme nachgearbeitet werden konnten und so – zusammen mit zusammengetragenen Accessoires von Elisabeth – auch einen Blick auf die Stilsicherheit dieser Kaiserin, heute würde man von Haute Couture sprechen – werfen. Viele Schautafeln befassten sich mit der Entwicklung des Schlosses. Nach soviel Kultur konnte man sich mit Kaffee und köstlichem Kuchen stärken und die Möglichkeit nutzen, einen Spaziergang rund um das Wasserschloss zu unternehmen.

 

              Köhler

Impressionen der Jahresfahrt nach Augsburg

Erschienen in der Heftausgabe Dezember 2010


 
 
 

 







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