
Geschichte wurde lebendig durch Bilder und Geschichten. Im vollbesetzten
Pfarrsaal St. Karl hat Herr Dr. Rusam uns einen informativen und doch
kurzweiligen Abend präsentiert. Seine Bilder waren ausgesucht, treffend
und sprechend. Wir haben viel erfahren, vor allem aber auch viel erlebt.
Da waren die Mögeldorfer höchst beeindruckt! Der früheste steinzeitliche
Fundplatz im Nürnberger Stadtgebiet befindet sich ausgerechnet in
Erlenstegen. Im Gebiet des Tiefgrabens hat man Werkzeuge aus der Zeit
von etwa 10.000 v. Chr. gefunden.
Der
Name Erlenstegen taucht allerdings erst 1216 in einer Urkunde auf. Ein
bescheidenes Bauerndorf war Erlenstegen und hat doch schon im 16.
Jahrhundert die Reichen aus Nürnberg angezogen. Kein anderes der Dörfer
im Umkreis von Nürnberg hatte so viele Herrensitze, Sitzlein oder
Lusthäuser wie Erlenstegen. Heute sind noch drei davon erhalten: Das
Kressenschlösschen in der Vossstrasse, das Scheurlsche Schlösschen in
der Erlenstegenstraße 111 und das Wölckernsche Schloss in der
Günthersbühler Straße neben dem Naturgartenbad.
Bis ins
20.Jahrhundert war Erlenstegen bäuerlich geprägt. Ende des 19.
Jahrhunderts begannen die Nürnberger mit der zweiten Eroberung des
Dorfes. Wie Mögeldorf wurde Erlenstegen 1899 nach Nürnberg eingemeindet.
Schon vorher wurde die erste Villa in der Eichendorffstraße errichtet.
Damit begannen die Konflikte zwischen den alteingesessenen Bauern und
den zugezogenen feinen Städtern. Die Dung- und Abortgrube des Oekonomen
Volkert erregte ob ihres Geruchs höchstes Ärgernis. Trotz jahrelanger
Auseinandersetzungen musste der Magistrat dem Landwirt immer weitere
Fristen einräumen. Darüber verstarben die Kontrahenten. Erst als 1943
beide Anwesen von Bomben zerstört wurden, war der Streit beendet.
Erlenstegen lockte nicht nur
die begüterten Nürnberger. Seine Wirtschaften zogen die Stadtbevölkerung
seit Jahrhunderten an. Heute noch beeindruckt der behäbige Sandsteinbau
des „Goldenen Sterns“ gegenüber der Endhaltestelle der Straßenbahn. Etwa
1740 wurde der heutige Bau errichtet und er kann auf eine lange
gastronomische Tradition zurückblicken. Manchen Nürnbergern Konrad
Meisel noch in Erinnerung, der als bodenständiger Wirt zentnerweise den
Kloßteig verarbeitete.1985 schloss er seine Wirtschaft. Zur Zeit ist es
etwas still geworden um den Goldenen Stern.
Nicht weniger bekannt war
der Kalbsgarten, der schon 1969 seinen Betrieb einstellte. Ihm ist es
vor allem zuzuschreiben, dass im 19. Jahrhundert Erlenstegen als
„vorzüglicher Belustigungsort“ beschrieben wird.
Von ganz anderem Gewicht war
das, was Rusam über Kriege und Kriegswirren in Erlenstegen berichtete.
Im Mittelalter war die Landbevölkerung um Nürnberg schutzlos gegen
kriegerische Einfälle. Das erwies sich besonders im Ersten
Markgräflichen Krieg, den der Ansbacher Markgraf Albrecht Achilles gegen
die Reichsstadt Nürnberg führte. Zu seinem Heer gehörte ein eigener
Brandmeister, der planmäßig die Ortschaften in Brand setzte. Im Zweiten
Markgräflichen wurden von den Ansbachern ebenfalls 170 Dörfer
eingeäschert. Vom Dreißigjährigen Krieg gibt es wenige Berichte. Aber
1631 waren Kaiserliche Truppen im Osten und 1632 Gustav Adolf auf dem
Thumenberg. Truppen mussten ernährt werden! Noch im 18. und 19.
Jahrhundert mussten Bauern zwangsweise durchziehende Truppen begleiten.

Im
Zweiten Weltkrieg wurde auch Erlenstegen schwer getroffen.
Möglicherweise sollte die Bahnlinie oder auch das Wasserwerk das Ziel
sein. Als im April 1945 amerikanische Truppen Erlenstegen besetzten,
kamen schwere Tage. Der tragische Tod der 13 jährigen Margarete Kalb
zeigte die Unerbittlichkeit von Kriegen.
Das alte Dorf Erlenstegen
gibt es nicht mehr. Nur noch wenige Bauten erinnern an seine
Vergangenheit. Doch die wenigen verbliebenen steinernen Zeugen sollen
eine Erinnerung und eine Mahnung an uns sein, darüber nachzudenken über
unsere Wurzeln und die Kräfte, aus denen wir leben.
Elfriede Schaller
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