Die Vorfreude im Casino des
Seeparks Nürnberg auf diesen Vortrag war groß. Es hatten sich
viele Interessierte zusammengefunden, um der Nürnberger
Kulturreferentin zuzuhören.
Den
schönen Rahmen stellt – wie schon oft – Frau Görke zur
Verfügung. Und dies betont auch der Vorsitzende des Bürger- und
Geschichtsvereins, Herr Köhler, in seinen einleitenden Worten.
Nachdem er alle Anwesenden herzlich begrüßt, bedankte er sich
bei Frau Görke für die stets freundliche Aufnahme im Hause
„Seepark“ mit einem kleinen Blumengruß. Anschließend stellte er
kurz die Referentin des heutigen Abends vor, was bei den vielen
Medienauftritten der Nürnberger Kulturreferentin sehr knapp
ausfallen kann. Frau Prof. Lehner ist bereits seit zwölf Jahren
für die Kultur der Stadt zuständig und wurde erst kürzlich für
weitere sechs Jahre im Amt bestätigt.
Gleich zu Beginn ihres Vortrages
wird deutlich, mit welchem Engagement und mit welchem Elan die
Referentin ihre Aufgaben angeht: „Für mich sind Hobby und Beruf
eins!“ Dies ist der Auftakt zu einem Überblick des bunten
kulturellen Lebens, das die Stadt Nürnberg aufzeigt. Der Blick
nach München, der von manchem Bürger immer wieder einmal fast
schon neidvoll fällt, ist ihrer Ansicht nach unbegründet. Man
muss wissen, dass 80 Prozent der Kulturausgaben vom Freistaat
finanziert werden. Kulturarbeit in Nürnberg setzt sich aus
verschiedenen Bereichen zusammen:
• Traditionelle Kulturarbeit
(z. a. Archiv, Theater und Museen)
• Niederschwellige
Kulturangebote
• Experimentelle Kulturarbeit
Museen sind für die Stadt ein
wichtiger Faktor, erfassen sie doch gleich einem roten Faden die
Stadtgeschichte: Frau Prof. Lehner geht auf das Fembohaus, das
die Stadtgeschichte repräsentiert, das Albrecht-Dürer-Haus – das
den größten Künstler der Stadt darstellt, aber auch auf das
Industriemuseum und das Reichsparteitagsgelände mit
Dokumentationszentrum ein. Sie tragen zur Erklärung der
Stadtgeschichte bei. Der Begriff „Soziokultur“, der in diesem
Zusammenhang erwähnt wird, basiert auf den vormaligen
Kulturreferenten Herrmann Glaser, der auch die Gründung von
Kulturläden initiierte. Heute – so Frau Prof. Lehner – ähneln
diese Treffpunkte eher dörflichen Gasthäusern, wo man sich in
geselliger Runde trifft, spricht, gemeinsam etwas unternimmt.
Um noch genauer
zu erläutern, wie nun diese Kulturarbeit in Nürnberg statt
findet, geht die Referentin auf die Struktur des Kulturreferates
ein. Ihr war es bei Amtsübernahme immer wichtig, dass sie selbst
gestalterisch wirken, dass sich ihr Freiräume erschließen, die
sie mit Projekten füllen kann. So laufen die fünf wichtigen
Koordninationsteile bei ihr zusammen: Dienststellen, Verwaltung,
Projektmanager, Projektbüro, Sekretariat. Die Frage, die sich
Frau Prof. Lehner stellt, ist: Wie kann man Menschen Zugang zu
Kultur verschaffen, ohne Schwellenangst, dass dieser Zugang für
alle Menschen selbstverständlich wird? Welche Methodik gibt es,
um den Menschen im Großen zu erreichen? Das Motto soll sein: Du
bist Kulturmensch, ganz unabhängig von Herkunft und
Schulbildung. Eine Aktion hat dies erreicht: Die Blaue Nacht.
Alljährlich im Mai stattfindend, öffnen sich alle Museen. Es ist
aber mehr als das, was manche andere Städte unter „Nacht der
Museen“ begreifen – es ist eine Kulturnacht. Seit dem Jahre
2000, als das Stadtjubiliäum mit unterschiedlichen Aktionen
gefeiert wurde, hat sich die Blaue Nacht in der Nürnberger
Kulturszene etabliert. Das Geheimnis dieses Erfolges liegt – so
die Kulturreferentin – dass alle Kulturinstitutionen
aufgeschlossen werden (diese könne in München wegen der weiten
Strecken schon so nicht geschehen!), und dass eine
Open-Air-Aktion von diversen Künstlern ist, die teilweise aus
ganz Europa kommen. Was viele Nürnberger Bürger nämlich nicht
wissen: Die Blaue Nacht wird für viele Künstler zur Startrampe
für eine mögliche Karriere genutzt. Viele Künstler bewerben sich
im Vorfeld und präsentieren ihre Installationen und Ideen, die
sie in der Blauen Nacht aufführen wollen. Sog. „Design-Scouts“
betrachten diese Inszenierungen in der Blauen Nacht und gehen
auf die Künstler zu, um sie für weitere Aufträge zu gewinnen.
Dieser „Nebeneffekt“ verleiht der Blauen Nacht weitere
Attraktivität. 150.000 Menschen aus inzwischen ganz Europa
besuchen jährlich die Blaue Nacht – sie ist zu einem Event
geworden. Das steigert nicht nur den Bekanntheitsgrad der Stadt
in Europa, sondern bringt auch der Nürnberger Wirtschaft
(Hotellerie und Gastronomie) höhere Umsätze. Die Kosten betragen
ca. 300.00 Euro, 80 % der Kosten werden von Sponsoren
aufgebracht, die aber zunehmend auch den Nutzen für die
Infrastruktur erkennen. Wie viel Aufmerksamkeit diese
Kulturnacht bundesweit schon erzielt hat, macht die Referentin
deutlich, indem sie das neue Titelbild der Illustrierten „DIE
BUNTE“ hochhält, das als Aufmacher die Blaue Nacht in Nürnberg
hat.

Der
Effekt, dass in dieser Kulturnacht wirklich alle – Alt
und Jung, Nürnberger und Touristen, Kulturbeflissene oder
einfach Neugierige, unterwegs sind, zeigt sich in ähnlicher Form
bei den Open-Air-Konzerten, die seit Jahren im Sommer auf dem
Gelände des Luitpoldhains stattfinden. Hier sind wiederum „alle“
da – es wird gemeinsam gefeiert und klassische Musik gehört.
Letzteres mag manche Bürger immer wieder überraschen, denn es
sind auch viele junge Leute anwesend, denen man eher
unterstellen möchte, dass sie die Klassik meiden. Ca. 120.000
Besucherinnen und Besucher sind jährlich da und begeistert – ein
geschichtlich vorbelasteter Ort, genutzt als Aufmarschgelände
bei den nationalsozialistischen Reichsparteitagen, wird zu einer
großen Feier, die manche sogar mit Kerzenleuchtern und schön
gedeckter Tafel zelebrieren. Die Kulturreferentin beschreibt
ihre Gefühle, wenn sie von der Bühne oben auf die unzähligen
Menschen blickt, aber auch zum Abschluss, wenn sie das leere
Areal betrachtet, das frei von jedem Müll oder Überresten der
Feier ist. Als Vergleich nennt sie „Rock im Park“, nach dem Ende
dieser Veranstaltung muss erst einmal der Müll entsorgt werden.
Hier spricht die
Referentin auch über die anstehende Diskussion über den Bau
eines neuen Konzertsaales. Neben der Frage nach dem Standort
wird auch immer wieder die Frage gestellt: Für wen? Nun sieht
man die Konzerte, die in der Meistersingerhalle abgehalten
werden, sieht es fast so aus, als würden sich dort nur Senioren
treffen. Das Beispiel des Open-Air-Konzertes würde –so die
Referentin – etwas anderes aufzeigen. Sie stellt fest, dass eine
Örtlichkeit für den Neubau einer Konzerthalle noch nicht
festgelegt wurde, dass aber auch ein Zusammenhang zwischen den
dringend erforderlichen Renovierungsmaßnahmen des Opernhauses
und einer Ausweichstätte während dieser Arbeiten besteht.
Nürnberg hat ein Vierspartenhaus, das durch die Übernahme eines
Teils der Kosten, den Titel Staatsschauspiel usw. erhalten habe.
Die Referentin beschreibt kurz den Prozess vom Städtischen
Opernhaus zur Staatsoper usw. Diese Anerkennung der kulturellen
Bedeutung des Vierspartenhauses durch die bayerische
Staatsregierung seinerseits zeige sich heute durch die bereits
getroffenen Maßnahmen des bayerischen Finanzministers Markus
Söder. So wurde u a. die Burg neu konzipiert, um Nürnbergs
Geschichte vollständig aufzuzeigen. Dazu zählt auch der
Rathaussaal. Hier geht schon lange um die Diskussion, ob er
wieder – wie in Ursprungszeiten – ausgemalt werden soll oder
nicht. Im terminlichen Zusammenhang mit der anstehenden
Europawahl im Mai haben die Bürger im Rahmen eines
Bürgerentscheides hier das Wort. Diese Diskussion, die von der
Kulturreferentin durch eine Projektion alter Malereien an die
Wand des Rathaussaales initiiert wurde, stellt sie in weiterem
Zusammenhang. Es geht ihr auch immer um eine breit geführte
Diskussion, an denen sich möglichst viele Nürnberger beteiligen.
Im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2006, die in Deutschland,
aber auch im Nürnberger Stadion statt fand, veranstaltete das
Germanische Nationalmuseum eine Ausstellung mit dem Titel „Was
ist deutsch?“. Durch die Ausstellung führten u. a. junge
Migranten aus der Südstadt, die sog. „Südstadtkids“, die in
einer freiwilligen Teilnahme Besuchern in der Ausstellung
zeigten, was für sie typisch deutsch ist. Für Frau Dr. Lehner
ein Mittel, wie sich Migranten in die Stadt einbringen, sich
integrieren und so für sozialen Frieden innerhalb der
Stadtgemeinschaft tätig werden. In die gleiche Richtung zielen
die alljährlich statt findenden „Stadtverführungen“. Die
Konzeption sieht „Kultur von Bürgern für Bürger“ vor. Jeder
Bürger kann hier zum „Kulturschaffenden“ werden, indem er z. B.
seinen Ortsteil, sein Handwerk vorstellt. Ein weiterer
Schwerpunkt für die Kulturarbeit in Nürnberg ist der Aspekt,
dass das Image der Stadt – und zwar ein positives Image – nach
außen getragen wird. Als Mediengesicht, als Botschafter eignet
sich keiner besser als der Künstler Albrecht Dürer. Man kann mit
diesem prominenten Nürnberger auf drei Ebenen werben.
-
1. Dürer an die Menschen heranbringen -
und zwar zeitgenössisch aufbereitet., was
manchem Nürnberger auch als Provokation
aufstößt: So z. B. der mit einer
Stuhlkonstruktion eingebaute Schöne Brunnen im
Jahr der Fußballweltmeisterschaft 2006 oder die
abertausend grünen Hasen, die der Künstler Prof.
Hörl auf den Hauptmarkt stellte.
-
2.
Profunde Informationen über
Albrecht Dürer mittels groß angelegter Aktionen,
z. B. mittels eines Puzzles (die schöne
Venezianerin von Dürer) zunächst auf dem
Sebalder Platz, dann aber auch als Idee nach
Russland – Platz vor dem Kreml oder nach China,
demnächst vielleicht sogar in Atlanta
vorgestellt.
-
3.
Nürnberg als Treffpunkt der
Dürerforschung. Wissenschaftliche Foren mit
Vorträgen von Dürer-Spezialisten aus ganz Europa
– dementsprechende Aufbereitung in Ausstellungen
und Veröffentlichungen.
Alles
dies fördert den Bekanntheitsgrad der Stadt: 2012 – im „Jahr der
Kunst“ – waren innerhalb der ersten sieben Monate bereits
900.000 Gäste zu verzeichnen. Überhaupt: Jedes Jahr bekommt ein
kulturelles Motto. 2013 war es das Jubiliäm um Richard Wagner,
der u. a. mit einem Festzelt und kulturellen Events im Stadtpark
gewürdigt wurde.
Das
Jahr 2014 hat gleich mehrere Veranstaltungshöhepunkte: Es jährt
sich zum hundertsten Male der Beginn des Ersten Weltkrieges.
Hierzu gibt es verschiedene Veranstaltungen, in Form von
Lesungen, Vorträgen usw. Ein weiterer kultureller Höhepunkt wird
dieses Jahr in de Ausrichtung der „Criminale“
zu sehen sein. Fünf Tage lang im Mai wird Nürnberg zur Hochburg
des Krimis. So bedeutende Schriftsteller wie Ingrid Noll und
Frank Schätzing werden Nürnberg besuchen und letzterer wird die
Preisverleihung vornehmen. Die Leseorte sind ebenfalls sehr
interessant –so wird je Sujet des Krimis in einem Tresorraum des
Heimatmuseums gelesen, oder in Kirchen etc.
Natürlich gäbe es noch sehr viel mehr zu erwähnen –
die Referentin beendet hier nun aber ihre „Tour culturelle“
durch Nürnberg, um den Anwesenden noch die Gelegenheit zu geben,
Fragen zu stellen bzw. Anregungen vorzutragen. Ein Bürger
wünscht sich eine breitere mediale Veröffentlichung im Bereich
wissenschaftlicher Vorträge. Danach ergreift Frau Kunad das Wort
und weist noch auf die Bedeutung des Kindertheaters in Nürnberg
hin, das in dieser Hinsicht eine Hochburg sei. Ob es um das
Theater „Pfütze“ oder „Mummpitz“ gehe, alle sehen republikweit
sehr geachtet. Ansonsten geben die Anwesenden ihrer Freude mit
einem großen Applaus für die Referentin Ausdruck. Herr Köhler
verabschiedet seine Referentenkollegin mit herzlichem Dank für
die überaus interessanten und vielseitigen Einblicke in
Nürnbergs Kulturleben und überreicht ihr als Zeichen dieser
Hochachtung einen Frühlingsstrauß.