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"100 Schätze aus 1000 Jahren"

Jahresfahrt des Bürger- und Geschichtsvereins
am 19. Oktober 2019

Heftausgabe Dezember 2019

 

In bewährter Tradition trafen sich geschichtsinteressierte Mögeldorferinnen und Mögeldorfer um 07:30 Uhr, um gemeinsam nach Regensburg zu starten. Ziel dort war dieses Mal das neu eröffnete Haus der bayerischen Geschichte mit einer Sonderausstellung. Zunächst schien es kein freundlicher Herbsttag zu werden, weil es in Nürnberg früh regnete. Je näher wir uns aber der Oberpfalz und somit unserem Ziel näherten, desto besser wurde das Wetter und es wurde insgesamt ein schöner Herbsttag. Wir trafen pünktlich in Regensburg ein, um dort an einer Führung durch die Ausstellung in dem neu eröffneten „Haus der bayerischen Geschichte“ teilzunehmen.

  

Die Wahl Regensburg als Standort dieses Museums zu wählen, hat gute Gründe, zählt doch die Stadt seit 2006 zum
UNESCO-Welterbe, hat eine wunderbare historische Altstadt und eine historische Tradition. So tagte hier von 1663 bis 1806 die Ständevertretung im Heiligen Römischen Reich unter dem Titel „Immerwährender Reichstag“. Schon die äußere Gestalt, die Architektur des Museums ist überraschend modern. Der Bau ist in der sonst eher mittelalterlich geprägten Stadt auffallend.

  

Es war ein interessanter, ja spannender Rundgang, wurden doch 100 ganz besonders ausgewählte Exponate gezeigt. Man be-ginnt im 6. Jahrhundert und kommt bis 1800. Die Mischung der Exponate ist sowohl von Schätzen der Regierenden bis zu Alltags-gegenständen der Bayern geprägt. Dies ist insofern gut gelungen, weil man einen Einblick in die Lebensgestaltung der Menschen bekommt und sich als moderner Mensch gut in die Vergangenheit einleben kann.

  

„Ergänzt wird diese 100-Objekte-Schau durch biografische Skizzen von Menschen aus den jeweiligen Zeitschnitten. Sie bilden gleichsam Gesichter der jeweiligen Zeit und sind als zweite mediale Konzeptebene in den Rundgang durch die Landesausstellung eingewoben: Ritter, jüdische Ärztin, Täuferin, Kaufmann, Bauerstochter, Dorfgeistlicher und andere Figuren begleiten in die Vergangenheit und schildern über ihre Biografie, was sie zu ihrer Zeit bewegt hat. Bewusst wurden keine Herrscherfiguren ausgewählt, sondern Menschen verschiedener gesellschaftlicher Schichten.“ 1

  

So beschreibt der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, in seinem Grußwort zur Ausstellung die gelungene Symbiose zwischen dinglichen Objekten und der Darstellung menschlicher Schicksale.

  

Es sollen im Folgenden nur einige Exponate beschrieben werden, die wir gesehen haben. Gleich zu Beginn ein Highlight: Ein Geschwisterpaar, über 1.000 Jahre alt, deren Skelette man 1988 bei Straßkirchen (Kreis Straubing) gefunden hatte. Sie sind 21 bzw. 24 Jahre alt geworden. Auffallend sind die wunderschönen weißen Zähne, die auch kein Karies aufweisen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ab welchem Zeitpunkt wir von den Bayern sprechen können. Es bietet sich das Jahr 788 an, in dem Karl der Große den Stamm der Agilofinger zur Präfektur erhoben hat.

  

Im Jahre 1180 erhielten die Wittelsbacher die Herzogswürde. Für uns Nürnberger sehr interessant drei Urkunden aus dem Jahr 1355, ausgestellt in Rom, von Kaiser Karl IV., in denen er Privilegien – u. a. die königliche Zollbefreiung – erneuerte und bestätigte.

Wie ein Krimi lässt sich der Königsmord von 1208 in Bamberg nachvollziehen. In der Ausstellung steht stellvertretend dafür ein Bleisarg, in dem Philipp von Schwaben im Bamberger Dom bereits einen Tag nach seiner Ermordung bestattet wurde. Seine letzte Ruhestätte fand er dann im Dom zu Speyer. Sein Mörder – der Welfe Otto VIII., der bei der Königswahl leer ausging, bezahlte die Tat ebenfalls mit dem Tode.

Welche Geschichte können ein paar Stiefel Größe 36 erzählen? 1957 wurde beim Torf-abbau nahe Hohenpeißenberg eine weibliche Moorleiche entdeckt. Die junge Frau (sie ist ca. 20 bis 30 Jahre alt geworden), gibt Rätsel auf, denn ihr Fundort war außerhalb des eigentlichen Friedhofes, was darauf schließen könnte, dass es eine Selbstmörderin, eine Hingerichtete oder gar eine mit Bann belegte Frau war – aber alles bleibt Spekulation.

  

Ein Objekt, das im Zeitalter der Reformation eine Bedeutung – wiederum auch für Nürnberg hatte – ist eine Bügelbrille, deren Fassung aus Leder besteht. Hergestellt wurde sie in Nürnberg, Fünf Dutzend Brillen durften – laut Verordnung des Nürnberger Rates von 1583 – einen Gulden kosten. Nürnberg hatte ein Monopol auf die Brillenherstellung, sodass z. B. die Gesellen in diesem Handwerk nicht auf Wanderschaft gehen durften.

  

Natürlich darf der berühmteste Sohn Nürnbergs, Albrecht Dürer, in der Darstellung der Reformationszeit nicht fehlen. Dürer (1471–1528) malte u. a. den damals reichsten Mann der Welt – Jakob Fugger, genannt „der Reiche“. Auch der Nürnberger Ratsherr Willibald Imhoff – Gewürzhändler und Kunstsammler – wird kurz biografisch dargestellt. 

  

Ein Pestkarren steht für die verheerenden Folgen der Pest, die über ein Drittel der Bevölkerung in Nürnberg und auch sonst in Bayern das Leben kostete.

  

Unser Interesse fand auch der Herkulespokal aus dieser Zeit, geschaffen von dem Nürnberger Christoph Jamnitzer (1563–1618). Nachdem dieser über der Arbeit verstorben war, wurde der Pokal erst 1631 fertiggestellt und dem schwedischen Heerführer König Gustav Adolf zum Ehrengeschenk gemacht, da dieser den Beinamen „der schwedische Herkules“ hatte.

  

Auch ein Löwe wird gezeigt, der ausgestattet mit zwei Röhren mit Maul, den Nürnbergern 1649 anlässlich des „Friedensmahls“ Gratiswein spendete. Natürlich gab es noch viel mehr zu sehen, u. a. Nymphenburger Porzellan, einen Theodolit zur Landesvermessung usw. Aber es ist wirklich eine derart faszinierende Ausstellung, dass sich jeder eigentlich bei einem Besuch einen eigenen Eindruck über die Vielfalt der Exponate verschaffen sollte.

  

Nach der Führung hatten wir Zeit, alleine durch die Ausstellung zu gehen bzw. auch die Dauerausstellung im ersten Stock zu besuchen. Hier geht es um das Thema „Wie Bayern Freistaat wurde und was ihn besonders macht“. Die Entwicklung des neu gegründeten Königreiches Bayern über den Freistaat Bayern hin zur heutigen Gestalt des Bundeslandes. Zur Stärkung gingen wir in das Lokal „Heuport“ Mittagessen.

Weiter ging es zur Walhalla. Fast schon ein Muss, wenn man sich in Regensburg aufhält. Auch wenn man schon einige Male durch diese heiligen Hallen geschritten ist, beeindruckt sie doch immer wieder. Nicht nur durch die Lage oberhalb der Donau mit einem schönen Blick auf Regensburg. Hinter jeder Büste steht ein Mensch, der durch seine Biografie, seine Leistungen so beeindruckt hat, dass er eine lebenslange Erinnerung erhält.

  

Danach ging es wieder zurück nach Regensburg. Hier hatten wir noch Zeit zum Bummeln, u. a. konnte man in der berühmten Confiserie „Prinzess“ zu einem Stück Torte einkehren oder ein paar Kostproben der exzellenten Pralinen erstehen, um daheim noch einige Zeit an Regensburg erinnert zu werden. Diese Confiserie hatte schon während der  Reichstage die Herrscher im nahe gelegenen Rathaus, dem Versammlungsort, mit Pralinen versorgt. Voll historischer Eindrücke, gestärkt durch Regensburger Köstlichkeiten ging es wieder nach Hause. In Mögeldorf kamen wir um 19:30 Uhr an und hatten für das restliche Wochenende noch genügend Gesprächsstoff, um den schönen Tag nachklingen zu lassen.

  

Ein besonderer Dank gebührt Frau Weigert, die wieder einmal die Jahresfahrt präzise und mit viel Liebe vorbereitet und geplant hat und unserem Busfahrer Herrn Stein, der uns Reisenden schon viele Jahres sicher zu unseren Zielen gebracht hat.


Text: Ute Köhler. Alle Bilder Ute Köhler

Letzte Änderung: 24.12.2018