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NAPOLEON UND BAYER
19. September 2015

 
Früh um 8 Uhr startete wie jedes Jahr am vorletzten Samstag des Monats September – genau am 19. September – der Bus von der Lechnerstraße. Das Ziel war die Bayerische Landesausstellung, die dieses Jahr in Ingolstadt statt fand und den Titel „Napoleon und Bayern“ hat. Wir Franken – natürlich auch die Nürnberger im Speziellen - haben zu diesem Franzosen ein besonderes Verhältnis, da in Folge seiner Verbindung zu Bayern unsere Stadt von der „Freien Reichsstadt“ zu einer „bayerischen“ Stadt wurde.

Der Schauplatz wird an einem geschichtsträchtigen Ort gezeigt: Im Schloss von Ingolstadt, das heute das Bayerische Armeemuseum beherbergt. Der 1417/18 begonnene Bau wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zur spätgotischen Residenz ausgebaut. Die Stadt an der Donau erlitt in der napoleonischen Zeit über Jahre hinweg Truppendurchzüge der Franzosen, Bayern und Österreicher. Napoleon befahl 1799 die Zerstörung der barocken bayerischen Landesfestung. König Ludwig I. leitete den Wiederaufbau ein und ließ sie zur wichtigsten Festung des Landes ausbauen, nahezu im Zentrum des neuen Bayerns gelegen und damit weit genug entfernt von Österreich und Frankreich, den beiden wechselnden Verbündeten oder Feinden. (Informationen aus der Webseite: Haus der bayerischen Geschichte).

Es folgt eine knappe Schilderung der Ausstellung, durch die wir geführt wurden. Die in Anführungszeichen gesetzten Satzteile stellen die Titel der einzelnen Abteilungen der Ausstellung dar.

Diese beginnt mit dem Titel „Der Kaiser kommt“ und zeigt die Freude der Bayern anlässlich der Ankunft Napoleons in München am 24. Oktober 1805. In diesem Teil der Ausstellung wird u. a. auch der Lebenslauf von Napoleon geschildert, sein Aufstieg zum Kaiser der Franzosen.

Danach geht es um „Der Weg zum Bündnis“ mit Bayern. Am 24. August 1805 stimmte Max IV. dem Bündnis mit Napoleon zu. Der Vertrag wurde im September in Bogenhausen unterzeichnet: Napoleon versprach Bayerns Territorium zu schützen, im Gegenzug dazu mussten die Bayern 30.000 Soldaten stellen. Um diese Verbindung zu festigen, kam es zu einer „Französisch-bayerischen Hochzeit“. Der Stiefsohn Napoleons – Eugène de Beauharnais – heiratete die bayerische Prinzessin Auguste Amalie. Wir erfuhren, dass die Ehe nicht nur politisch ein Gewinn war, die beiden sollen eine glückliche Ehe geführt haben.

Am 1. Januar 1806 wurde das Königreich Bayern ausgerufen. „Bayern im Glück“ titelt dieser Teil der Ausstellung. Ein halbes Jahr nach der Proklamation endete die jahrhunderte alte Geschichte des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Bayern musste am Krieg gegen Preußen und Russland teilnehmen, dann gegen Österreich und wieder gegen Russland. 3500 bayrische Soldaten kehrten aus Russland zurück. Aber es gab auch positive Folgen des französischen Einflusses: Bayern wurde modern, es wurde vermessen, das Staatsgebiet hatte sich um ein Viertel vergrößert und die Einwohnerzahl verdoppelt. Die Beamten wurden von Fürsten- zu Staatsdienern. Ein ganz besonderer war der Minister Montgelas, der lange die politischen Geschicke unter seinem Kurfürsten, später bayerischen König, führte. Er hatte nicht nur Freunde: Kronprinz Ludwig (der schon immer gegen eine Liaison mit Napoleon war) und General Wrede, von dem später noch die Rede sein wird) erwirkten 1817 beim König seinen Sturz.

Der hohe Preis – Bayern blutet aus“ – wie wahr: Nach der Freude „Wir sind König“ wurden die Kriegsfolgen spürbar: Bayern wurde zum Durchmarschgebiet für Hunderttausende Soldaten sowohl befreundeter wie feindlicher Armeen. Frankreich hatte eine neue Art der Versorgung seiner Heere eingeführt: Die Truppen mussten sich aus dem Land, in dem sie gerade standen, selbst verpflegen. Was das bedeutet, lässt sich denken: Die Menschen vor Ort mussten Unterkunft und Verpflegung für die durchziehenden Truppen bereitstellen, Fuhrdienste leisten, die Tiere versorgen. Es sollte offiziell zwar Entschädigungen geben, aber es immer dem führenden Truppenoffizier überlassen, ob es zu Gewaltexzessen und Plünderungen kam oder ob die Einquartierung einigermaßen zivilisiert ablief. In diesem Zusammenhang hat mich das Schicksal einer Frau berührt, die – so die Einträge im Kirchenbuch – zweimal ein uneheliches Kind zur Welt brachte, vergewaltigt von einem österreichischen und dann noch von einem französischen Soldaten. Man kann sich nur ansatzweise vorstellen, welches Elend in diesen Jahren herrschte. Der Fall des Wirtes Lorenz Aloys Gerhauser wird genau dargestellt: Innerhalb von sechs Jahren hatte er 1.700 Offiziere, 11.200 Mannschaften und 11.241 Pferde zu versorgen. Da er keine Entschädigung bekam, machte er bankrott.

Ab dem Jahre kam es zu „Rissen im Bündnis“. Da lag u. a. an der Erhebung der Tiroler unter Andreas Hofer. Tirol war Bayern zugesprochen, hatte aber zu Österreich eine größere Affinität. Von April bis November 1809 kam es zu fünf Schlachten am Bergisel. Erst mit Unterstützung der französischen und italienischen Truppen konnte Bayern gewinnen. Napoleon war über die Leistung der Bayern verärgert. Hinzu kam, dass Napoleon im gleichen Jahr seine erste Niederlage – ausgerechnet gegen Österreich – hinnehmen musste. Napoleon taktierte weiter geschickt und heiratete Marie Louise, die Tochter von Franz I. Mit ihr hatte er einen Sohn – Napoleon Franz Joseph Karl – er war am Zenit seiner Träume: Verwandt mit dem Herrscherhaus Habsburg, die Nachfolge durch einen Sohn gesichert.

Diese Freude nahm ein jähes Ende mit der „Russischen Katastrophe“. 1812 kam es zur Niederlage in Russland. Von den 30.000 bayerischen Soldaten, die zwischen 20 und 22 Jahren alt waren, kehrten knapp 3.000 in die Heimat zurück.

Nachdem der Stern Napoleons am Sinken war, hieß es auch für Bayern „Adieu Napoleon“. Es wurde wieder einmal politisch taktiert und König Max I. entschloss sich mit dem Vertrag von Ried zu einem Bündniswechsel. Nun war Bayern zum Gegner Napoleons geworden. Erneut wurde gekämpft – mit einem Heer von 60.000 Soldaten. General Wrede gewann entscheidende Schlachten – am 6. April dankte Napoleon ab und wurde nach Elba verbannt. Und Bayern? Das Land war bankrott – es ging im Wiener Kongress 1815 um Schadensbegrenzung – zumindest wollte man den territorialen Bestand des Landes sichern.



Mit einem letzten Blick auf Napoleon – seiner Wirkung bis heute – verließen wir das Schloss und stärkten uns bei einem wohlschmeckenden Mittagessen für den zweiten Höhepunkt des Tages: das AUDI-Museum.


Das nennt sich „AUDI-Forum“. Laut Webseite gehen „im Audi museum historische Exponate und zeitgemäße Präsentationsformen eine spannungsreiche Symbiose ein“. Stimmt! Schon das architektonische Äußere begeistert.

Ingolstadt ist eng mit der Produktion von AUDI-Automobilen verbunden. Das Museum zeigt die Geschichte dieser Autofirma anhand von vielen Exponaten auf. Manch einer der Besucher fand seinen alten Autotyp wieder, mancher begeisterte sich an den Rennwägen, die teilweise eine utopische anmutende Karosserie zeigten. Es gab auch kleine, schnittige Wägen, die für Damen gedacht waren – wirklich schöne Wägen.

Ein Tipp für begeisterte Autofans. Auf der Webseite des Audi-Forums gibt es einen virtuellen Rundgang.



Nach all diesen Eindrücken wurden wir mit dem Bus zurück in die Innenstadt gefahren, wo alle noch etwas Freizeit hatten. Bei herrlichem frühherbstlichen Wetter konnte man ein Eis essen, Kaffee trinken oder wie es einige unternahmen, weiter auf kunsthistorischen Spuren wandeln.



So wurde die Asamkirche – Maria de Victoria – ein Ziel. Sie ist die wohl schönste Kirche Ingolstadts ohne Türme und Vorplatz mitten in der Altstadt. Sie ist im Stil des Barocks gehalten und hat das weltweit größte Flachdeckenfresko auf 490 Quadratmetern Fläche. Geschaffen wurde es von Cosmas Damian Asam. In der Sakristei befindet sich u. a. das Tilly-Kreuz, welches der Feldherr Tilly angeblich auf seinen Feldzügen mit sich führte.

Das Liebfrauen Münster ist Ingolstadts größte Kirche mit 89 Metern Länge im Hauptschiff und 37 Meter in der Breite. Gebaut wurde es ab 1425 von dem Wittelsbacher Herzog Ludwig VII. Eigentlich wollte er es als seine Grabkirche nutzen, was aber nie der Fall war, weil er in feindlicher Gefangenschaft starb. Erst 100 Jahre später war der Bau wirklich fertig gestellt. Der berühmteste Pfarrer war der Theologe Professor Johannes Eck, der schärfste Kritiker von Luthers Reformation.

In Ingolstadts Innenstadt waren viele Familien unterwegs, da an diesem Samstag der Tag des Kindes gefeiert wurde. So nahmen wir viele Eindrücke mit und fuhren erfüllt mit unseren Erlebnissen nach Hause. Jeder wird etwas Neues, Besonders mitgenommen haben. Die Bayerischen Landesausstellungen sind immer einen Besuch wert. Aber auch das Audi Forum war faszinierend.

So freuen wir uns auf das kommende Jahr. In Nürnberg wird es eine Ausstellung über Karl IV. geben – diese werden wir Mögeldorfer Bürger uns nicht entgehen lassen ...


Ute Köhler. Fotos: Schuster / Müller | Seitenanfang

Letzte Änderung: 29.11.2015