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Jahresfahrt

Ein Besuch in Coburg zur Bayerischen Landesausstellung 2017

 


  

Am Samstag, 7. Oktober, zeigte sich der Herbst von seiner eher grauen Seite. Dennoch fanden sich rund 50 Mögeldorfer Bürgerinnen und Bürger pünktlich um 07:45 Uhr zu einer Busfahrt nach Coburg ein. Vorbei mit Blicken auf Kloster Banz, Vierzehnheiligen und dem Staffelberg kamen wir pünktlich ans Ziel: Die Veste Coburg.

 

Die erste Erwähnung dieser Anlage war 1225 zu staufischer Zeit. Danach wurde die Veste über eine Zeitspanne von 700 Jahren immer weiter ausgebaut. In der „Steinernen Kemenate“, die von den sächsischen Kurfürsten gerne genutzt wurde, findet die Landesausstellung statt.

Die Führung begann mit einer Betrachtung der Welt um 1500. Die Bedrohung durch die Osmanen im Osten, Entdeckungen in Afrika, Indien und Amerika, die Entwicklung eines frühkapitalistischen Systems, die mediale Revolution des Buchdrucks, das alles stellt den Hintergrund für eine Veränderung im Leben der Menschen. Dazu kam dann noch in Europa die Reformation. Im Zusammenhang damit spielt Bildung eine große Rolle. Am Beispiel von Georg Spalatin, einem Unterstützer von Martin Luther, wird dies in der Ausstellung deutlich gemacht. Er ist Sohn eines Handwerkers, lernt aber viel, besucht die Universität, wird Berater von Fürsten. Kaiser Maximilian ist der mächtige Mann im Reich – er beschäftigt u. a. Albrecht Dürer, der für ihn das berühmte Werk „Ehrenpforte“ schafft.

 

Befasst man sich nun mit Coburgs Rolle, so gehört die Stadt dem sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise. Die Stadt hat eine bedeutende Rolle als zentral gelegenes Handels- und Nachrichtenzentrum. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Karte von Etzlaub, auf der Rom – wegen der Bedeutung – im Norden dargestellt wird und dementsprechend Nord- und Ostsee im Süden.

 

Danach folgt ein Blick auf das Leben der Bauern. Adlige sehen es wohl eher als ein Leben, das von Freude und Tanz geprägt ist. Das entspricht aber nicht der Realität. So passt das harte Leben auch zur der Tatsache, dass die Museumskuratoren Mühe hatten, Ausstellungsstücke für diesen Teil der Ausstellung zu finden. So sieht man u. a. eine Sichel, die zum Ernten von Einkorn benutzt wurde. Hieran kann man sehen, wie wertvoll jedes einzelne Korn war, entschied es doch – in einer Zeit, in der die durchschnittliche Lebensdauer bei ca. 30 Jahren lag – über Leben und Tod.

 

Die Bürger in der Stadt erleben deren Aufschwung: Es herrscht Handel und Wandel, es gibt neue Berufe, durch den Buchdruck kommt man an Neuigkeiten aus der ganzen Welt. Am Beispiel des Bergbaus wird deutlich, wie innovativ man versuchte Ideen umzusetzen. Jakob Fugger aus Augsburg war einer jener reichen Bürger, die mit dem Bergbau unglaubliche Gewinne erzielen. Hier gibt es auch einen direkten Bezug zu Martin Luder, so hieß der Reformator, als er als Kind eines gut situierten Bergbau-Betreibers 1483 in Eisleben auf die Welt kam. Der Vater hätte den Sohn gerne als Juristen gesehen, dieser beschließt aber – nach einem Gelöbnis nach einem Erlebnis mit einem Blitz – Mönch zu werden. Er studiert Theologie in Wittenberg. Was er als gläubiger Mensch in seinem Umfeld erfährt, entsetzt ihn.

 

Seit jeher glauben die Menschen alle an ein Leben nach dem Tod und fürchten das Jüngste Gericht (auch hierzu gibt es in der Ausstellung Darstellungen). Jesus wird über jeden Christen richten, ob dieser in den Himmel oder in die Hölle kommt. Als Vorstufe zur Hölle kommt noch das Fegefeuer hinzu. So fordert die Kirche von den Menschen ein gottgefälliges Leben, u. a. indem man Armen hilft oder Reliquien sammelt. Allein schon die Berührung soll helfen, weniger Höllenqualen zu erhalten. Oftmals ging es auch um das Seelenheil der verstorbenen Verwandten. So wurden Stiftungen gemacht, in Form von Altären oder Spitälern, um nur einige Möglichkeiten zu nennen. In der Ausstellung ist ein schönes Gemälde zu sehen auf dem Magdalena, mit einem Salbtopf und die Heilige Elisabeth bei einer Opfergabe für einen Armen dargestellt sind. Aber diese guten Taten genügen nicht. So wird für viele Menschen der Ablass eine Lösung. Man bezahlt der Kirche Geld, verkürzt dadurch die Zeit im Fegefeuer bzw. die Anzahl der begangenen Sünden. Dafür gibt es Ablass-Urkunden, eine besonders reich verzierte konnten wir in der Ausstellung sehen. Luther – so nennt er sich nun seit seinem Kampf um Reformen – empfindet diesen Ablasshandel und andere Dinge in der Kirche als schlecht. Anfang 1518 wird in Nürnberg Martin Luthers „Sermon von ablaß und gnade“ gedruckt, der zu einem Bestseller wird und er veröffentlicht den Inhalt – die 95 Thesen – an der Türe der Schlosskirche zu Wittenberg. Das ist ein Skandal! Und es führt zu einer Spaltung in der Gesellschaft: Einige finden seine Kritik angemessen und gut, manche sehen sie als ketzerisch.

 

Im ersten Stock, in der „Großen Hofstube“, einem der prächtigsten spätgotischen Profanräume der Zeit kurz nach 1500, geht um den Zwiespalt der Menschen, die unsicher sind, wie sie den besten Weg zum Seelenheil beschreiten. Der Tod macht den Menschen Angst. Sieht man den „Tod von Heilsbronn“, eine Art Uhr, die alle fünfzehn Minuten schlägt und in der Darstellung eines Skelettes den Tod symbolisierend, der einen Löwen zähmt, wird bildlich deutlich, dass der Tod kraftvoll jeden zu jeder Zeit abholen kann. Was kann der Mensch gegen diese Angst tun? Beten und Wallfahrten unternehmen. Die bayerischen Wallfahrtsorte sind auf einer Karte zu sehen. Hier spielen auch Reliquien eine Rolle. Der sog. Hedwigsbecher ist eines der Prunkstücke der Kunstsammlungen der Veste Coburg und auch dieser Ausstellung. Er verdankt seinen Namen der Heiligen Hedwig von Schlesien – der Legende zufolge sei in ihrer Gegenwart das Wasser im Becher zu Wein geworden. Später schenkte sie ihrer Nichte, der Heiligen Elisabeth von Thüringen, dieses wertvolle Glas. Es gelangte in den Reliquienschatz der sächsischen Kurfürsten, Johann Friedrich der Großmütige schenkte es schließlich Martin Luther, der auch mit Freude daraus getrunken haben soll. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Luther den Reliquienkult verachtete und bekämpfte. Der Hedwigsbecher gilt seither als bedeutendes Erinnerungsstück an den Reformator.

 

Der Zwiespalt bzw. der Abglanz zwischen alten Traditionen und Veränderungen zeigt sich auch bei den Rittern. Es gibt neue Waffen, sodass der Ritter nicht mehr im Kriegsdienst steht. Der Kampf Mann gegen Mann weicht den neuen Waffen. Das Turnierwesen, eine „Showveranstaltung“ wird nur aufrechterhalten, um einem alten überkommenen Gesellschaftsideal nachzukommen, während Reichsritter und landansässiger Adels bereits kaum noch Bedeutung hatten. Es sind die Reichsfürsten, die ihre Territorien entwickeln.

 

Zurück zu Martin Luther – für ihn ist die Bibel das Wichtigste – so sollen die Menschen die Bibel lesen und verstehen. Luther übersetzt als Junker Jörg die Bibel ins Deutsche und verfasst viele andere Texte, die von vielen Menschen gelesen werden. Das stößt natürlich auf Widerstand in der katholischen Kirche – und bei dem Kaiser: Karl V. Beide begegnen sich auf dem Wormser Reichstag 1521 aufeinander. Es kommt zum sog. „Wormser Edikt“: Luther fällt unter die Reichsacht. Er stand bereits unter dem Kirchenbann – nun ist er ein Mann ohne Recht. Hier treffen zwei völlig unterschiedliche Konzepte aufeinander, die auch auf das Reich eine immense Auswirkung haben: Im „Deutschen Bauernkrieg [Quelle: Wikipedia](1525) bezogen sich die Forderungen der Bauern direkt auf Luther und seine Schrift von der Freiheit eines Christenmenschen – doch dieser griff die Aufstände des „gemeinen Mannes“ als Aufruhr gegen die gottgewollte Ordnung scharf an. Sein Landesherr – Kurfürst Friedrich der Weise – beschützt ihn, so wohnt Luther für einige Monate auf der Coburger Veste. Es wird die am besten dokumentierte Zeit in Luthers Leben werden. Kaiser Karl V. sieht sich gezwungen auf einem von ihm einberufenen Reichstag in Augsburg im Jahre 1530 die Religionsfrage zu klären. Die evangelische Liga legt durch Philipp Melanchthon die „Augsburger Konfession“ vor – der Kaiser lässt sich nicht überzeugen. So kommt es zur Kirchenspaltung von katholischer und evangelischer Kirche. Dies alles wird in den beiden Räumen dargestellt, die Martin Luther während des Augsburger Reichstags 1530 auf der Coburger Veste bewohnte. Neben der Präsentation originaler Briefe und Werke wird durch eine mediale Schriftinszenierung die Situation Luthers auf der Veste verdeutlicht: Luther ist einsam, depressiv, u. a. auch weil er nicht an dem Reichstag teilnehmen kann. Er muss aus seiner Sicht tatenlos von der Ferne zusehen.

 

Ein Wehrgang führt von den Luther-Zimmern hinüber in den Carl-Eduard-Bau. Hier geht es zum einen um die „Medienrevolution“. Der Buchdruck sorgt für die Verbreitung der neuen Lehre. Ein weiterer Aspekt ist die Gegenreformation, der sich u. a. das Herzogtum Bayern, gemeinsam mit der Reichskirche und den Habsburgern engagierte.

 

Es kommt zum Krieg. Es bildet sich der „Schmalkaldische Bund“, ein Bund von protestantischen Fürsten und Städten gegen die Religionspolitik des Kaisers. Zu Beginn ist das Bündnis stark und kann immer mehr Anhänger gewinnen, als es aber zu Unstimmigkeiten innerhalb der Bundesgenossen kommt, gelingt es Karl V. im sog. Schmalkaldischen Krieg [Quelle: Wikipedia](1546 – 47) den entscheidenden militärischen Gegenschlag zu führen und den Bund zerschlagen.

 

Das Beispiel des sog. „Grumbachschen Händel [Quelle: Wikipedia] macht das deutlich. Dieser führte – nachdem der ernestinische Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige in der Schlacht bei Mühldorf von Karl V. geschlagen wurde und somit auch der oben erwähnte Schmalkaldische Krieg verloren ging – zu der „Wittenberger Kapitulation [Quelle: Wikipedia], in der der Kurfürst seine Kurwürde an die Albertiner abgeben musste. Einer der drei Söhne. Johann Friedrich II., beanspruchte aber immer noch die seinem Vater aberkannte Kurwürde und verbündete sich u. a. mit dem Ritter Wilhelm von Grumbach [Quelle: Wikipedia], der wegen Landfriedensbruchs [Quelle: Wikipedia] unter Reichsacht [Quelle: Wikipedia] stand und gewährte ihm Unterkunft. Nachdem Fürst Johann die geforderte Herausgabe seines Freundes Grumbach verweigerte, musste er schließlich doch aufgeben und sein Land verlassen. Er starb in kaiserlicher Gefangenschaft 29 Jahre später in Österreich. Grumbach wurde auf der Stelle auf dem Marktplatz von Gotha gevierteilt [Quelle: Wikipedia].

 

Inzwischen zeichnen sich die Unterschiede, die Luthers Lehre von der katholischen Kirche trennen ab: So sollen Priester heiraten dürfen. Der Gottesdienst wird in deutscher Sprache gehalten, die Menschen singen Kirchenlieder und das Abendmahl wird von allen Christen eingenommen.

 

Mit einem medialen Appell an die Besucher, sich mutig zu verhalten, Entscheidungen zu treffen, wird die Ausstellung beschlossen.

 

Für unsere Gruppe heißt dies, Mittagessen in der Traditionswirtschaft „Loreley. Nach dieser Stärkung hatten wir einen Stadtrundgang, der uns u. a. zu folgenden Plätzen und Sehenswürdigkeiten führte:

 

Der Stadtrundgang beginnt am Marktplatz. Auf diesem geräumigen Platz kreuzten sich die Handelsstraßen. Dominiert wird der Platz, der unter Woche vom Markt belebt wird, durch das Standbild von Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, dem Ehemann der Königin Victoria von Großbritannien. Der sog. „Coburger Erker“ aus dem Jahre 1575 beeindruckt durch seine 6-eckige Ausprägung, ruhend auf einer Säule.

 

Herzog Johann Casimir (1564 bis 1633) begegnet man auf Schritt und Tritt in der Stadt. So auch am Marktplatz, auf dem er sich ein Kanzleigebäude erbauen ließ. Er selbst bewohnte Schloss Ehrenburg, wollte aber der Bürgerschaft, die ein Rathaus dort hatte, etwas entgegenstellen, um so seine Macht zu demonstrieren. Dieser Renaissancebau dominiert die gesamte Nordseite des Marktes.

 

Weiter ging es zum Albertsplatz. Dieser wurde 2011 neu gestaltet, zeigt Wasserspiele und liegt zwischen der inneren und äußeren Stadtmauer. 1862 erhielt der Platz seinen Namen zum Gedenken an Prinzgemahl Albert. Er war ein Jahr zuvor verstorben. Queen Victoria ließ für ihren Mann mehrere Standbilder anfertigen. Eigentlich sollte das auf dem Markt befindliche hier seinen Platz finden.

Das sog. „Münzmeisterhaus“ wurde ursprünglich 1333 erbaut und beeindruckt durch sein Fachwerk.

 

Das Landestheater in Coburg, das in den nächsten Jahren einer Generalsanierung unterzogen wird, hat eine lange Geschichte. Das herzogliche Theater entstand in den Jahren 1837 bis 1840. Es verfügt über einen Spiegelsaal, in dem früher auch Bälle für die Adligen abgehalten wurden, u. a. auch 1845 für das belgische und englische Königshaus.

 

Einen Höhepunkt stellt die „St.-Moriz-Kirche“ dar. Sie wurde 1217 erstmals erwähnt und ist nach dem Heiligen Mauritius benannt. Im Chor befindet sich das Grabmal, ein Alabasterepitaph, den Johann Casimir in Erinnerung an seine Eltern, die in österreichischer Gefangenschaft starben, errichten ließ.

   

 

 

Gleich gegenüber der Kirche befindet sich das „Casimirianum“, ein Gymnasium, das von Herzog Johann Casimir errichtet wurde. Ursprünglich plante dieser die Errichtung einer Universität, was aber 1677 endgültig an mangelnder Finanzierung scheiterte. Doch die hohe Schule blieb bis heute. Der wohl bekannteste Schüler ist Goethes Vater.

 

Zum Abschluss des Stadtrundgangs führte uns der Weg zum „Schloss Ehrenburg“, das unter Herzog Ernst I. nach Entwürfen des Architekten Karl Friedrich Schinkel von 1806 bis 1844 in der jetzigen Form umgestaltet wurde. Es ist eines der frühen Renaissance-Schlösser Deutschlands und besticht durch seine an englischer erinnernde Architektur und den großen Innenhof. Auf dem Rondell am Schlossplatz die Bronzefigur von Herzog Ernst I., 1849 geschaffen von dem Münchener Künstler Ludwig Schwanthaler, die dessen Sohn Herzog Ernst II. aufstellen ließ.

 

So endete unsere Führung – es blieb noch Zeit für den Genuss der berühmten Coburger Bratwurst auf dem Marktplatz und/oder für einen Grog, weil es doch sehr herbstlich kühl wurde.

 

Gegen 20 Uhr kamen alle – voll der Geschichte und guter Eindrücke – in Mögeldorf wieder an.    

U. Köhler:
Letzte Änderung: 22.01.2018