Brief
eines ausgewanderten Mögeldorfers an seinen früheren Bürgermeister:
Newark, 13.03.1896
Mein
lieber Herr Bürgermeister. Vor allem besten Dank dem Verein für Geschichte
Mögeldorfs für die freundliche Übersendung der Ansichten von der kommenden
Ausstellung und des mir so lieben Briefes über das Jahresfest, welches wie die
Berichte lauten seinen vorgehenden nur gleichgestellt werden kann, hoffend das
einmütiges Zusammenwirken aller Mitglieder recht bald ihr vorgestecktes Ziel mit
Erfolg gekrönt sehen mögen. Ich entbiete daher allen lieben Mitgliedern sowie
der hochgeschätzten Verwaltung meinen herzlichsten Gruß.
Mir sowie meiner lieben
Familie geht es soweit gut und hatten auch bis jetzt der besten Gesundheit zu
erfreuen gehabt. Durch den großen Bekanntenkreis, besonders der
Deutschamerikaner hat sich auch das gesellschaftliche Leben gebessert und so
vergeht die Zeit rasch dahin. Das geschäftliche Leben und Treiben selbst ist
immer noch das Alte. Alles klagt, denn die Verdienste wollen sich nicht bessern
und auf allen Seiten fehlt der Dollar. Weil die großen Massen nichts verdienen,
können sie auch nichts ausgeben. Nebenbei werden Gesetze gemacht, die mir
unglaublich vorkommen.So wurde dieser Tage im Staat New Jersey die Reinerbill
durchgedrückt, dass alle Wirtschaften, die zweihundert Schritte von einer Schule
und Kirche entfernt sind, geschlossen werden müssen und die jährliche Steuer
von 250 Dollar auf 800 erhöht wird und dass am Sonntag geschlossen werden muss.
Es betrifft dies ungefähr 1200 Wirtschaften, die im Ankauf von 2 bis 6000 Dollar
gekostet haben, aber nicht etwa das Haus, sondern nur das Lokal. Die monatliche
Miete noch extra, die beläuft sich von 50 bis 300 Dollar und noch einzelne
höher. Von einer Freiheit gar keine Spur zu sehen. Man darf aber über den
Präsidenten oder die Beamten schimpfen. Fast den ganzen Monat hatten wir große
Stürme und gestern den ganzen Tag Schneefall, sodass man sich heute eine ganz
gemütliche Schlittenpartie gönnen konnte. Natürlich währt es nicht lange, denn
die Sonne ist ziemlich hoch. Auch hätte ich eine Bitte, wo ich dir im voraus für
die Besorgung meinen besten Dank mache. Wie dir bekannt, ist mein Sohn Julius
mit Erlaubnis auf zwei Jahre nach Amerika. Er wünscht jetzt ausgewandert zu
sein, um später nicht mit dem Militärgesetz in Konflikt zu kommen, bitte es zu
bemerken oder im Bezirksamt anzuzeigen.Mit herzlichen Gruß an deine lieben
Angehörigen sowie an die geschätzten Verwaltungsmitglieder bin ich wie immer
dein aufrichtiger Freund Carl Hildner.
(Aus unserem Archiv) |