Ein Ausflug in den Mögeldorfer Ortsteil Ebensee

Erschienen in "Unser Mögeldorf" Oktober 2004

Obere Postkarte (wohl um 1907/08) zeigt den Projektplan der Villensiedlung, so wie sie die Fa. Popp & Weisheit im Laufe der Jahre ab 1908 zu errichten beabsichtigte. Deutlich zu erkennen der Ebensee, rechts am Bildrand der Ebenseesteg nach Erlenstegen. Oberhalb des See’s in Richtung Mögeldorf führend die Ebenseestrasse.

Untere Color-Karte von 1913 zeigt in Detailaufnahme das damals bestehende Restaurant an der SO-Seite des See’s

war von 1883 – 1893 Pfarrer in Mögeldorf und schrieb das erste Buch über unseren Ortsteil unter dem Titel „Mögeldorf sonst und jetzt„. Nachdem dieses Büchlein vergriffen ist, möchten wir in den nächsten Ausgaben von „UNSER MÖGELDORF„ etliche Kapitel aus dem weltlichen Teil veröffentlichen.

Manches, was er über die frühere Geschichte schreibt, ist durch Forschungen des 20. Jahrhunderts überholt.

Trotzdem gilt Herrmann durch seine aktuellen Schilderungen über Ereignisse seiner Zeit sowohl in seinem weltlichen als auch kirchlichen Teil als wertvoller Zeitzeuge.

 
„Mögeldorf sonst und jetzt

Pfarrer Herrmann schreibt die erste Ortsgeschichte.

Dieser erste Artikel soll Sie etwas einführen in die Zeit der Veröffentlichung, um manches im richtigen Lichte zu sehen: Was war los in Mögeldorf, als Herrmann diese erste Ortschronik schrieb? Wie kann ein Pfarrer der ca. 3000 Seelen betreuen musste, noch Geschichtsforschungen betreiben und was war Pfarrer Herrmann für eine Persönlichkeit?

Es war das letzte Jahrzehnt vor der Eingemeindung von Mögeldorf als Herrmann von 1883 bis 1893  hier als einziger Pfarrer wirkte. Sein Nachfolger Johann Friedrich Ludwig Lauter, von dem wir auch noch etwas hören werden, erlebte dann in seiner Amtszeit (1894-1910) die Einverleibung nach Nürnberg.

Das Dorf bekam 1882 endlich in der Ziegenstraße die neue Schule und kurz darauf entstand neben dran der neue Friedhof. In Bürgermeister Johann Stieglers letzter Amtszeit (1887 – 1899) wurde das neue Mögeldorfer Rathaus in der Freiligrathstraße gebaut. Die Industrialisierung wurde fortgesetzt.

Die Bevölkerungsstruktur änderte sich: Zu den Bauern, Händlern und Handwerkern kamen die Fabrikarbeiter. Ein Wandel, der sich natürlich auch im kirchlichen Raum auswirkte.

Um nur einiges aus den Kirchenjahresberichten 1887-1890 von Pfarrer Herrmann und 1891-1894 von Pfarrer Lauter aufzuzählen:

„Im Jahre 1895 bestand die Gemeinde Mögeldorf aus 2018 Seelen, dazu kam noch Laufamholz, Hammer, Unter- und Oberbürg, Malmsbach, Schwaig und Zabo, insgesamt 3355 Seelen. Dazu kommen noch 200 Katholiken, teils in gemischten Ehen. Konfessionslose sind nicht vorhanden, eine Methodistenfamilie wieder nach Nürnberg zurückgekehrt. Pfarrvermögen ist nicht vorhanden, der ganz geringe Grundbesitz unverändert.

Da die Dorf-Gemeinde einen eigenen Gemeindeschreiber nicht besitzt, nachdem der Bürgermeister einen solchen nicht beansprucht, so ist der Pfarrer durch Schreibereien aller Art ohne Entlohnung und oft in recht lästiger Weise in Anspruch genommen.„

„Die Kirchengemeinde ist nicht anders geworden. Mehrere hiesige Fabriken stehen still. Dafür sind in und bei der Stadt arbeitende Fabrikarbeiter der freundlicheren und billigeren Wohnungen wegen hierher gezogen wie auch mehrere Rentner und Rentnerinnen dieserhalb hier leben. Die größere Hälfte der Kirchengemeinde besteht aus Arbeiterfamilien, die kleinere aus Bauern, Händlern, Kaufleuten, Handwerkern, Rentnern und Stadtbediensteten.

Die Schule in Mögeldorf besteht aus 5, in Laufamholz aus 2 Klassen, an welchen durchwegs fleißige, tüchtige, wohlgesittete und kirchlich gesinnte Lehrkräfte wirken.

Die seit 40 Jahren bestehende Kleinkinderbewahranstalt ist in jeder Weise ungenügend.

Durchschnitt unehelich zu ehelichen Geburten: 1891 1:6,3, 1893 1: 8,4

Kirche und Pfarrhaus haben mancherlei notwendige und zweckdienliche Verbesserungen empfangen.

Im Herbst 1890 wurde eine neue, von dem Orgelbaumeister Johann Strobel, Nürnberg gebaute Orgel aufgestellt. Sie enthält 13 Register, 3 Koppelzüge und 2 Manuale. Anschaffungskosten M. 4240.-

Das Hauptportal der Kirche haben einige Nürnberger Kunstfreunde als ein Meisterwerk erkannt und wollen es mit dem Betrag einer Sammlung restaurieren lassen.„

Geht nun der Bericht auf die inneren Verhältnisse der Kirchengemeinde über, so muß man zunächst die alte Klage über den zu geringen Besuch der Gottesdienste nennen.

„Schmerzlich hat den Lokalpatriotismus die Tatsache berührt, dass ein der Gemeinde Mögeldorf zugehöriger junger Mann in Humbug, Raub und Mord begangen und dafür die Todesstrafe erlitten hat.

Sozialdemokraten heißen hier alle, die dem Reichstagsabgeordneten Grillenberger in Nürnberg gewogen sind, aber es ist nicht wahr, dass sie alle in keiner Verbindung zu Glauben und Gott stehen. -

Nur ein Ehescheidungsfall ist vorgekommen!

Etliche unter den Privatiern und Fabrikbesitzern mit ihren Familien sind gesellschaftlich sehr freundlich und wohlwollend gegen dem Pfarrer und seinen Angehörigen, aber die kirchlichen Gnadenmittel zu begehren hindert ihr Liberalismus und der „feinere Ton„ der ihnen und ihren Geistesverwandten eigen ist.

Die eigentlichen Bürger, seien es bessere Arbeiter, Handwerker, Krämer und Bauern halten sich nicht zur Kirche und ihren Gnadenmitteln. Aber die Pfarrer dürfen sie nicht vor den Kopf stoßen, sondern muss sie lieb und fein behandeln. Vielfach hindert sie tatsächlich die Sorge um das tägliche Brot oder dem Erwerb an der wirklichen regelmäßigen Bestätigung ihres kirchlichen Sinnes.

Es steht zu hoffen, dass auch die Instandsetzung der Kirche auf das religiöse Gemeindeleben wesentlich befruchtend wirken wird.

Im Allgemeinen ist der religiöse sittliche Stand der Pfarrgemeinde Mögeldorf nicht durchweg schlechter, sondern in mancher Hinsicht sogar besser als z.B. vor 50 Jahren, wo relativ mehr verspielt, vertrunken, verhurt und viel mehr gerauft worden ist als zur jetzigen Zeit.

Um dem entgegenzuwirken ist der Pfarrer zu sehr allein und gerade an den Feiertagen mit Amtsgeschäften aller Art zu sehr überladen. Auch ist es nicht ganz unbedenklich, zu den vielen hiesigen Sonntagsvereinen einen neuen, wenn auch kirchlichen, der bei der Beschränktheit des Pfarrhofes doch auf ein Wirtshauslokal angewiesen wäre, hinzuzufügen.

Gott sei Dank dass die Pfarrgemeinde Mögeldorf doch noch besser ist als ihr Ruf„. (Lauter)

Zurück zur Person von Pfarrer Herrmann, der mit Katharina Herrmann verheiratet war und acht Kinder hatte, die ausnahmslos den Pfarrer- und den Lehrerberuf erwählten.

Nach seiner Pensionierung kauften Herrmanns das Haus Mögeldorfer Hauptstr.5 (Haus Nr.80 alt), wo Pfarrer H. im August 1893 kurz darauf starb.

Seine Tochter Anna hat noch lange als energische und beliebte Lehrerin in Mögeldorf unterrichtet.

Im Kirchenvisitationsbericht von 1890 wird Pfarrer Herrmann wie folgt beurteilt:„Pfarrer Herrmann, ein Mann von geradem Charakter, der seiner Gemeinde als Prediger und Seelsorger zu dienen ernstlich bemüht ist. Etwas mehr Sinn für Form wäre ihm zu wünschen„.

Sein Nachfolger, Pfarrer Lauter schilderte ihn so:

Er war ein gerader, charaktervoller Mann, ausgestattet mit guten Kenntnissen und erfüllt von dem ernsten Willen, das Reich Gottes in der hiesigen Gemeinde zu bauen und das Heil der ihm anvertrauten Seelen zu fördern. Aber er verstand es nicht, sich die Sympathien seiner Gemeinde zu erwerben und erlitt zufolge dessen manche Enttäuschung und Kränkung. An sich gutmütig und in gewissem Maße reformwillig, nahm er zu wenig Rücksicht auf die Eigenart der hiesigen Leute  und behandelte sie zuweilen je nach seiner Laune kurz und schroff. Seine Sprache wurde mit zunehmendem Alter immer undeutlicher. Man hätte längst um einen Vikar bitten müssen. Der beleibte Mann hatte immer mehr asthmatische und andere körperliche Beschwerden zu erdulden bis er am 17.8.93 an seinem Lungen- und Herzleiden verstarb. Sein Leitspruch:

„Treu sein, in dem was wir tun sollen, mehr wird von einem nicht verlangt.

 Doch die Hilfe kommt von oben.„ 

    F. Schaller

Quellen: Die ersten Kapitel dieses Buches Band 289 Visitationen; Landeskirchliches Archiv, Dekanat Nürnberg folgen im Dezember-Heft von „Unser Mögeldorf„; Band 249 Jahresbericht Mögeldorf, Pfarrer Herrmann; Band 250 Jahresbericht Mögeldorf, Pfarrer Lauter

 

letzte Änderung: 24.09.04