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Die Familie Cnopf und das Schlösschen in Mögeldorf

 

Autor Dieter Beckh - Heftausgabe April 2019

  

 
 
Cnopf Wappen

Jeder Mögeldorfer kennt das Ensemble am Kirchenberg, mit Satzinger Mühle, mit St. Nikolaus und St. Ulrich, mit den drei Schlösschen, von denen das heute Link‘sches Schloss genannte besonders hervorsticht. Wie auf der Infotafel zu lesen ist, war es zuvor, von 1788–1936, im Besitz der Familie Cnopf und hieß „Cnopfenschloss“. Bei „Cnopf“ denken wohl die meisten an das Cnopf‘sche Kinderspital auf der Hallerwiese, das von dem Arzt Dr. Julius Cnopf 1863 mitgegründet wurde. Vielleicht hat dort mancher Leser und manche Leserin das Licht der Welt erblickt, so 1941 auch ich.

 

Der Weg der Familie Cnopf

 

Beckh Friedrich 1827-1898 Cnopf Elise 1828-1914 

 

Was verbindet mich mit der Familie Cnopf?
Nun, meine Urgroßeltern sind Friedrich Beckh und Elise Cnopf, sie heirateten 1855.

  

Die Familie Cnopf hat eine interessante Geschichte. Der Name deutet auf die Herkunft der Familie aus dem niederdeutschen Sprachraum hin, einschließlich Flandern und den Niederlanden. Der älteste bekannte Cnopf, David Cnopf, lebte um 1500 in Münster und war wahrscheinlich Goldschmied; er heiratete die aus einer Goldschmiedefamilie stammende Margarete Isermann. Sein Sohn David wurde 1520 oder 1521 in Münster geboren und starb 1602 in Frankfurt/Main. Nach seiner Lehrzeit bei einem Goldschmied und den Wanderjahren ließ er sich 1553 in Münster als Meister nieder.

  

Die Cnopf waren nicht sesshaft. Ihre Geschichte ist auch deshalb interessant, weil sie die Mobilität von Handwerkern, Künstlern und Kaufleuten im Alten Reich zeigt, ebenso die Möglichkeiten eines sozialen Aufstiegs. Ein Sohn von David Cnopf dem Jüngeren, Johann, studierte in Bologna Jura, wurde Dr. jur. und war als Notar in Rom tätig. Ein weiterer Sohn, Caspar, ließ sich in Augsburg nieder und wurde mit Juweliergeschäften ein vermögender Bürger. Der 3. Sohn, Heinrich, war in Nürnberg, Bamberg und Frankfurt/Main als Goldschmied tätig.

  

In der nächsten Generation finden wir Kaufleute. Drei Brüder Cnopf betrieben ein Juwelier- und Handelsgeschäft in Augsburg und in Wien. Der Hintergrund: Im Jahr 1507 hatten die Kaufleute von Nürnberg, Augsburg, Memmingen und Ravensburg dem Kaiser Maximilian I. ein großes Darlehen gegeben – wahrscheinlich: geben müssen – und erhielten dafür das Privileg, in Wien eine Niederlassung zu errichten. Dazu ein Farbtupfer: Zwei der Brüder Cnopf starben in Wien, als Protestanten mussten sie bei Nacht beerdigt werden.

 

Schloss Grundriss 1760 (Beyer) 

  

Familie Cnopf und Nürnberg

Ab der 5. Generation beginnt der starke Bezug der Familie Cnopf zu Nürnberg. Johann Jakob Cnopf (1660–1739) studierte Medizin in Altdorf, der Nürnberger Universität. 1704 übertrug ihm der Rat das Physikat, also die Arztstelle, in Hersbruck. Einer seiner Söhne, Matthäus Ferdinand Cnopf (1715–1771) war in der Tucher‘schen Stiftungsadministration tätig, war Gerichtsschreiber am Nürnberger Stadtgericht und Beisitzer am Forst- und Zeidelgericht. Er war vielseitig begabt, betrieb geographische Studien und wurde beauftragt, eine Zollkarte des Nürnberger Gebietes zu zeichnen. Weitere Karten zeichnete er für die bekannte Homann‘sche Landkartenhandlung, darunter detaillierte Karten der Markgrafschaft Bayreuth. 

 

Ein Bruder von Matthäus Ferdinand Cnopf, Carl Ludwig Cnopf (1712–1762), wurde Pfarrer in Reichenschwand, Gründlach und Kraftshof. Er heiratete Helene Jakobine Weller, Tochter des Diakons bei St. Lorenz Paulus Weller – Weller ist ein bekannter Name unter den Nürnberger Geistlichen. Carl Ludwig Cnopf steht beispielhaft für viele Cnopf und ihre Nachkommen, auch Nachkommen der Töchter, die Pfarrer im Fränkischen wurden.

 

Johann Christoph Jakob und Georg Christoph Wilder

Die Tochter Susanne Marie von Carl Ludwig Cnopf und Helene Jakobine Weller heiratete den Pfarrer Georg Christoph Wilder. Von ihren Kindern wurden Johann Christoph Jakob Wilder und Georg Christoph berühmt. Wer sich mit den Ansichten Alt-Nürnbergs und der Alt-Nürnberger Landschaft befasst, kennt die Brüder Wilder. Der ältere Bruder Johann Christoph Jakob Wilder (1783–1838) wurde Pfarrer, bildete sich zum Radierer und Steinzeichner aus, widmete sich dann doch seinem geistlichen Beruf. Von ihm stammen die 1804 gefertigten Radierungen des Cnopf‘schen Herrensitzes und des Meierhofes; dazu später. Der jüngere Bruder Georg Christoph Wilder (1794–1855) widmete sich ganz der Kunst. Wir verdanken ihm prächtige Aquarelle, Radierungen, Zeichnungen und Skizzen von hohem dokumentarischen Wert für das Stadtbild und die Architektur Nürnbergs und des Nürnberger Umlandes.

 

Cnopf Herrensitz (Wilder 1804) 

 

Zurück zu den Kindern von Carl Ludwig Cnopf und Helene Jakobine Weller

In ihrem 2. Sohn Johann Conrad Cnopf und seinen Nachkommen herrschte nun der Beruf des Kaufmanns und Privatbankiers vor. Johann Conrad Cnopf (1747-1821) machte in Nürnberg eine kaufmännische Lehre, ging 1772 an das bekannte Bankhaus Gebr. Bethmann in Frankfurt, kehrte 1784 nach Nürnberg zurück und gründete mit einem Kompagnon ein Handlungsgeschäft (Kommission, Spedition und Spezereiwaren). Er war ein erfolgreicher Kaufmann, wurde Marktadjunkt – die Marktadjunkten vertraten die Interessen der Nürnberger Kaufleute gegenüber dem Rat - und gehörte dem Größeren Rat an.

 

Johann Conrad Cnopf heiratete 1786 Maria Magdalena Forster, Tochter des Kaufmanns Carl Forster - Stichwort: Hammerwerk und Siedlung Hammer - und der Anna Jakobine Schönleben, Tochter des Pfarrers Conrad Schönleben.

 

Kinderarzt Dr. Julius Cnopf

Machen wir einen Sprung ins 19. Jahrhundert. Der wohl bekannteste Cnopf ist der Arzt und spätere Hofrat Dr. Julius Cnopf, geboren 1823. Er ist Sohn von Carl Conrad Cnopf und Margarete Ziehl, Enkel des eben erwähnten Kaufmanns Johann Conrad Cnopf und Vetter meiner eingangs erwähnten Urgroßmutter Elise Cnopf. Julius Cnopf studierte Medizin in Erlangen, Berlin und Heidelberg und besuchte zur weiteren Ausbildung die Universitäten Prag und Wien. 1851 ließ er sich als Arzt in Nürnberg nieder. Seine ärztliche Tätigkeit und seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen befassen sich mit Kinderkrankheiten, besonders den Krankheiten in den ersten Lebensjahren. 

 

Julius Cnopf war mit Johanna Dietz verheiratet, Tochter des angesehenen Arztes und Hofrates Dr. Johann Dietz. 1863 gründete er zusammen mit zwei weiteren Ärzten ein Kinderspital, dessen Leitung er 1872 übernahm. 1875 gründete er einen Verein für das Kinderspital und es war seinem Einsatz zu verdanken, dass 1876 der Neubau auf der Hallerwiese errichtet werden konnte.

 

Julius Cnopf starb 1906. Er hatte durch seine ärztliche Tätigkeit, seinen unermüdlichen Einsatz für das Kinderspital und durch seine wissenschaftlichen Arbeiten dazu beigetragen, die damals immer noch hohe Sterblichkeit bei Säuglingen und Kleinkindern zu senken.

 

Das Schlösschen in Mögeldorf

 

Der Bruder des Kaufmanns Johann Conrad Cnopf, Johann Jakob Christoph Cnopf (1749-1804) wurde Apotheker und besaß die Apotheke „Zur goldenen Kanne“ im Kannengässchen. Er muss ein vermögender Mann gewesen sein, denn im Jahr 1788 erwarb er das Schlösschen in Mögeldorf samt Meierhof für 4.300 Gulden. 

 

In der von Leo Beyer verfaßten Häusergeschichte von Mögeldorf sind Schloss und Bauerngut einschließlich des dazu gehörenden Grundbesitzes und der Rechte ausführlich beschrieben. Johann Christoph Cnopf ließ das Schlösschen und die Nebengebäude gründlich umgestalten und auch die vier Eckerker auf das Dach setzen, die schon über 200 Jahre früher geplant waren, aber vom Rat nicht genehmigt wurden.

 

Sein Neffe, der erwähnte Johann Christoph Jakob Wilder, hauptberuflich Pfarrer, schuf 1804 Stiche des Herrensitzes und des Meierhofes. (Die Druckplatten sind in meinem Besitz.) Die Ansicht des Herrensitzes zeigt noch den alten Zustand ohne die Eckerker. Wenig bekannt ist die Ansicht des Meierhofes in der heutigen Laufamholzstraße (spätere Hausnummer 26): Blick nach Osten, links der heutige Schmausenpark, im Hintergrund ist der Moritzberg zu erkennen. Heute befindet sich dort das Schuhhaus Mücke samt Parkplatz.

 

Johann Christoph Cnopf konnte sich nicht lange an seinem Schloss erfreuen. Er starb 1804 im Alter von 55 Jahren. Er war kinderlos und wurde beerbt zunächst von seiner Witwe, nach deren Tod von seinem Bruder Johann Conrad Cnopf. Nach dessen Tod 1821 erbte der zweitälteste Sohn Georg Carl Cnopf (1791-1878) Schloss und Bauerngut; er war mit Anna Susanne Riederer verheiratet und ist der Vater meiner eingangs genannten Urgroßmutter Elise Cnopf, somit mein Ururgroßvater.

 

Die Brüder Carl Conrad und Georg Carl Cnopf betrieben gemeinsam das von ihrem Vater gegründete Handlungsgeschäft weiter, das sich immer mehr zu einer Privatbank entwickelte. Sie wurde 1906 von der Vereinsbank in Nürnberg übernommen.

 

Als Georg Carl Cnopf 1878 starb, erbten Schloss und Bauerngut seine drei überlebenden Kinder – Marie Cnopf, Elise Beckh, Adolf Cnopf – sowie die minderjährigen Kinder des bereits verstorbenen Sohnes Paul Cnopf. Die Erben verkauften das Bauerngut. Noch 1878 erwarb Adolf Cnopf – Landgerichtsrat und Erforscher der Cnopf‘schen Familiengeschichte – das Schloss. Die überflüssig gewordenen landwirtschaftlichen Gebäude wurden abgerissen, an ihrer Stelle wurden Hausmeisterwohnung, Waschküche und Bügelstube errichtet.

 

Adolf Cnopf starb 1896; Erbin war seine Witwe Marie Cnopf geb. Löder. Da die Ehe kinderlos war, vermachte „Tante Adolf“, wie sie in der Familie genannt wurde, das Schlösschen testamentarisch ihren Beckh’schen Verwandten, den drei Kindern meiner Urgroßmutter. Doch sie errichtete nur ein handschriftliches Testament, kein notarielles. Das Testament enthielt einen Formfehler, es war ungültig. Also erbten nicht drei Verwandte, sondern viele. Und wenn eine Erbengemeinschaft viele Erben mit unterschiedlichen Interessen hat, dann wird die Immobilie eben verkauft. 1936 erwarb der Fabrikant Carolus Link das sicherlich in die Jahre gekommene Schlösschen für 25.000 Mark, renovierte es und legte auch den Garten neu an.

 

Blicken wir zurück auf die Jahre, als die Cnopf das Schlösschen besaßen.  Das stimmungsvolle winterliche Foto ist leider undatiert. Es stammt wohl aus den 1920er oder 1930er Jahren.

 

Seit den 1970er Jahren ist das Schlösschen im Besitz der Familie Riedhammer, die einen der schönsten Nürnberger Herrensitze mustergültig erhält.

 

Cnopf'sches Schloss, ca. 1930 

 

Die Familie Cnopf heute

In der Generation meiner Urgroßmutter Elise Cnopf waren die Cnopf eine große Familie, ebenso in den nächsten beiden Generationen. Doch viele Namensträger blieben unverheiratet oder ihre Ehen waren kinderlos. Heute noch lebende „Cnopf“ sind mir nicht bekannt. Meine Urgroßeltern Friedrich Beckh (1827-1898) und Elise Cnopf (1828-1914) hatten 3 Kinder, 10 Enkel, 16 Urenkel. In ihren rund 50 Urur…enkeln lebt die Familie Cnopf weiter.

Cnopf'sches Schloss, 2009

 

 

Autor: Dieter Beckh: | Letzte Änderung: