In den Büchern, die zur Mögeldorfer Geschichte bisher
erschienen sind, nimmt auch das Schulwesen immer einen wichtigen Platz ein.1
So wissen wir, dass es erste Nachrichten über einen Lehrer und damit über
einen regelmäßigen Schulbetrieb in Mögeldorf schon aus dem Jahr 1506 gibt.
Der Einzugsbereich der Schule war – wie der der Pfarrei – sehr groß: Neben
Kindern aus Mögeldorf selbst besuchten auch Schüler aus Gleißhammer,
Laufamholz, Malmsbach, Oberbürg, Röthenbach, Schwaig, Unterbürg und
Zerzabelshof den Unterricht des Mögeldorfer Lehrers. Er lehrte zunächst im
Haus Ziegenstraße 10, das allerdings im Zweiten Markgrafenkrieg Mitte des 16.
Jahrhunderts zerstört wurde. Der Lehrer, der zugleich das Amt des Mesners an
der Mögeldorfer Pfarrkirche ausübte, erhielt nach dem Krieg einen neuen
Dienstsitz, das Mesnerhaus an der nordöstlichen Ecke des Pfarrgartens, wo nun
auch der Unterricht stattfand.
Der Nürnberger Rat übte durch das Landpflegamt auch über
Schulen auf dem Land die Schulaufsicht aus und erließ Schulordnungen oder
fixierte die Anforderungen an die Inhaber einzelner Stellen. So zitiert bereits
Leo Bayer die "Pflicht eines Schulmeisters und Mesners zu Mögeldorf"2
von 1658, in der es heißt, dass er die Schüler "in christlicher Lehre ...
treulich und fleißig unterrichten und lehren" solle, "nichts handeln,
thun noch lehren wolle, das der Jugend schädlich, verderblich oder christlicher
Lehre ... zuwider wäre" und er die Schüler "fleißig abfragen ...
sowohl im Buchstabieren und Lesen" solle; Buchstabieren meint hierbei wohl
das Schreiben.
Bisher unbeachtet, hat sich im Nürnberger Staatsarchiv ein
Beispiel dieses alltäglichen Abfragens der Schüler und gleichzeitig ein
Beispiel für den Schreibunterricht auf einer Schule im Nürnberger Landgebiet
erhalten. Es handelt sich um insgesamt 22 Blätter, die im Bestand des
reichsstädtischen Landpflegamts zu finden sind und unter dem Betreff
"Schreibproben von Mögeldorfer Schülern, 1653" verzeichnet sind.3
Es war im Monat Februar, als der damalige Mögeldorfer Lehrer seinen
Schülerinnen und Schülern die Aufgabe stellte, Schriftproben auf jeweils ein
Blatt zu schreiben. Was der Grund dafür war, die Blätter zu sammeln und sie
ans Landpflegamt zu schicken, wo sie dann archiviert wurden, ist der Akte nicht
zu entnehmen; vielleicht bewarb sich der Lehrer, dessen Name in der Akte
ebenfalls nicht aufgeführt wird, ja um eine lukrativere Stelle und wollte
zeigen, wie gut er seinen Schülerinnen und Schülern das Schreiben beigebracht
hatte. Zufrieden konnte er sicher sein, handelt es sich doch bei allen
Schriftproben um eine saubere, noch heute gut lesbare Handschrift, sowohl im
Bereich der Druckbuchstaben als auch bei der Schreibschrift.
Den Blättern ist zudem zu entnehmen, dass es im Bereich des
Schreibvermögens drei Klassenstufen gab: Während die Schreib-Anfänger
nämlich lediglich Buchstabenübungen der Schreibschrift zu Papier bringen
mussten, schrieben die schon etwas weiter Fortgeschrittenen bis zu zehn Zeilen
in Schreibschrift. Eine Art Zwischenstellung nahmen zwei Schüler ein, die zwar
in der Hauptsache noch Buchstabenübungen absolvierten, dann aber noch sehr
unbeholfen einen Liedvers niederschrieben. Die höchste Stufe hatten die
Schüler erreicht, die ihr Können mit drei verschiedenen Schriften zeigten: Sie
begannen ihre Texte mit einer relativ großformatigen Druckschrift, um dann in
eine etwas kleinere Druckschrift zu wechseln und dann den Großteil des Textes
in einer durchweg sauberen Schreibschrift, welche die Unsicherheiten der
Schreib-Anfänger gänzlich abgelegt hat, zu Papier zu bringen.
Wie schon im späten Mittelalter, so beruhte die schulische
Unterweisung der Nürnberger Kinder – und damit auch der Kinder im Landgebiet
der Stadt – auf einem engen Zusammenspiel von religiösem und allgemeinem
Wissen. Lesen und Schreiben vermittelte man anhand von liturgischen oder
biblischen Texten, so wie dies Klaus Leder in seiner Arbeit über Kirche und
Jugend in Nürnberg deutlich machen konnte.4
Die Mögeldorfer Schreibproben als zufällig überliefertes Zeugnis des
Unterrichts in der Mitte des 17. Jahrhunderts bestätigen diese Beobachtungen.
Die Schülerinnen und Schüler, die einen Text zu schreiben haben, schrieben
einen Psalm in der deutschen Fassung nieder. Reichte der Platz nicht mehr aus,
so brachen sie einfach mitten im Text ab – Sinn der Übung war ja auch das
Präsentieren von Schreib-Können. Auch bei dem schon erwähnten Liedvers
handelte es sich um einen geistlichen Text, nämlich das dem modernen
Musikfreund noch aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach
geläufige "Ach mein herzliebes Jesulein".
Neben diesen Hinweisen auf das Unterrichtsgeschehen vermögen
uns die Blätter aus dem Jahr 1653 auch noch einen Einblick in die
Zusammensetzung der Mögeldorfer Schüler, nur fünf Jahre nach dem Ende des
Dreißigjährigen Krieges, zu geben.
Von 22 Schülerinnen und Schülern sind uns Schreibproben
erhalten – ob dies alle waren, die im Februar 1653 in Mögeldorf unterrichtet
wurden, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es waren 16 Jungen und immerhin
sechs Mädchen, die alle zumindest im Schreiben eine ordentliche Ausbildung
erhielten. Da jedoch Schulgeld zu zahlen war, gab es sicherlich auch genügend
Kinder, die nicht oder nur saisonweise die Schule besuchten. Gerade Kinder aus
Familien, die in der Landwirtschaft arbeiteten, besuchten viele nur im Winter
die Schule – im Februar könnte es also eher eine Art Höchststand gegeben
haben. 16 der Schülerinnen und Schüler kamen aus Mögeldorf selbst, zwei aus
Erlenstegen und je eine oder einer aus Laufamholz, Malmsbach, St. Jobst und
Unterbürg. Bei Maria Magdalena und Johannes Caspar Spieß dürfte es sich um
die Kinder des gerade in Mögeldorf amtierenden Pfarrers Johann Albert Spieß
gehandelt haben; über die soziale Herkunft der anderen kann keine Aussage
getroffen werden.5
So geben uns die 22 Blätter Zeugnis von einer Landschule im
Landgebiet der Reichsstadt Nürnberg, die ihren Schülerinnen und Schülern eine
offensichtlich gute Ausbildung zukommen ließ, und so mag Leo Beyers Aussage,
"Mögeldorf nannte nämlich eine ganze Reihe ausgezeichneter Lehrer sein
eigen" für das 17. Jahrhundert wirklich zugetroffen zu haben.6
Die drei unterschiedlichen Fertigkeitsstufen in Hinsicht auf
das Schreiben lassen auf drei Klassen in der Mögeldorfer Schule im Februar 1653
schließen. Die Schülerinnen und Schüler verteilten sich wie folgt auf sie:
Höhere Klasse (Sieben Jungen und zwei Mädchen, davon sechs
aus Mögeldorf und je eine/r aus Erlenstegen, Malmsbach und Unterbürg):
Finck, Paulus (Mögeldorf), Fuchs, Ulrich (Mögeldorf),
Kieskalt, Johannes (Mögeldorf), Krauß, Erhardt (Malmsbach), Lindtner, Johannes
(Mögeldorf), Michlin, Margaretha (Erlenstegen), Rost, Michael (Mögeldorf),
Spießin, Maria Magdalena (Mögeldorf), Starck, Paulus (Unterbürg)
Mittlere Klasse (Drei Jungen und zwei Mädchen, davon vier
aus Mögeldorf und einer aus Laufamholz):
Kiesel, Johannes (Mögeldorf), Ludwig, Michael (Laufamholz),
Seifferlin, Anna Maria (Mögeldorf), Spieß, Johannes Casparus (Mögeldorf),
Wotlin, Agnes (Mögeldorf)
Untere Klasse (Sechs Jungen und zwei Mädchen, davon sechs
aus Mögeldorf und je einer aus Erlenstegen und St. Jobst):
Berdelt, Lorenz (St. Jobst), Friehes, Steffan (Mögeldorf),
Geißler, Georg (Mögeldorf), Geißlerin, Anna (Mögeldorf), Ludwigin,
Margaretha (Mögeldorf), Michel, Georg (Erlenstegen), Riedel, Johannes (Mögeldorf),
Wolff, Christoff (Mögeldorf)