... für ein Gebiet zwischen der
Ostendstraße, der Bahnlinie Nürnberg-Schwandorf und Flur Nr. 182,
186 und 186/1, Gemarkung Mögeldorf: Stadtplanungsausschuß vom
19.12.2002 (vgl. auch Oktoberheft 2002 S.
9).
"Sachverhalt
Der Tagungsordnungspunkt wurde am
14.11.2002 wegen Klärungsbedarfs vertagt. am 18.07.02 wurde im
Stadtplanungsausschuß der Einleitungsbeschluß für das
Bebauungsplanverfahren Nr. 4499 zur Sicherung der städtebaulichen
Ordnung begehrt. Anlaß war der Bauantrag für einen SB-Warenmarkt,
der städtebaulich/stadtgestalterisch im Hinblick auf die
geschlossene Randbebauung erheblich von dem genehmigten Antrag auf
Vorbescheid abgewichen ist.
Der Eigentümer hat am 31.10.2002
beim Baureferat ein städtebaulich angemessenes Bebauungskonzept mit
der Tektur vom 24.10.2002 vorgestellt, das nach Abwägung aller
Belange als Kompromiß akzeptabel ist. Damit entfällt zunächst die
Erforderlichkeit, das Bebauungsplanverfahren weiterzuführen. Das
Ergebnis der Verhandlungen wird vorgestellt. Die Genehmigung der zu
tektierenden Bauanträge bleibt abzuwarten."
Sachverhaltsdarstellung
Das ca. 1.5 ha große vormals
gewerblich genutzte Areal wurde geräumt und die Gebäude
abgebrochen. Im Rahmen der Wiederverwertung wurden mit dem
Eigentümer und verschiedenen Investoren Beratungsgespräche
geführt mit dem Ziel, eine dem Standort angemessene gewerbliche
Nutzung zu finden. Dabei wurde immer die Forderung erhoben die
bestehende Baulücke von ca. 80 m Länge baulich weitgehend zu
schließen und damit die bestehende geschlossene
Straßenrandbebauung, die östlich und westlich unmittelbar
angrenzt, zu ergänzen. Ein entsprechender Antrag auf Vorbescheid
aus dem Jahr 1999 wurde positiv entschieden (siehe Beilage). Dieser
enthielt folgendes Nutzungskonzept:
- Tankstelle an der
Ostendstraße
- TÜV Filiale im
rückwärtigen Bereich
- III - geschossiges
Bürogebäude als Randbebauung an der Ostendstraße
- Baulich integrierter
SB-Warenmarkt im Erdgeschoss und im rückwärtigen Bereich
Planungsrechtliche Grundlage für die
positive Beurteilung ist eine rote Baulinie entlang der
Ostendstraße und die Einstufung des Gebietscharakters nach § 34
BauGB als Gewerbegebiet. Die Vorhaben sind planungsrechtlich
grundsätzlich zulässig.
Mit dem Bauantrag vom 18.06.2002, der
einen freistehenden SB-Warenmarkt und großflächig ebenerdig
angelegte Stellplätze direkt an der Ostendstraße vorsah, wurden
die städtebaulich vorgegebenen Grundzüge der Planung gemäß
obengenannten Vorbescheid vom Antragsteller aufgegeben.
Mit der am 31.10.02 vorgelegten
Tektur konnte beim Baureferenten mit dem Eigentümer ein aus
städtebaulicher Sicht akzeptabler Kompromiss erreicht werden. Im
Anschluss an die vorhandene Brandwand im Westen wird nun gemäß dem
vorangegangenen Antrag auf Vorbescheid wieder ein IV-geschossiges
Bürogebäude mit 15 m Höhe vorgesehen, das die Baulücke auf eine
Länge von ca. 45 m ( etwa die Hälfte der Baulücke von insgesamt
80 m) schließt. Allerdings sind die beiden unteren Geschosse
weitgehend ausgespart, um den Einblick in den rückwärtig gelegenen
SB-Warenmarkt zu sichern.
Mit der Tektur vom 24.10.02 sind nach
Meinung der Verwaltung die städtebaulichen Voraussetzungen für
eine positive planungsrechtliche Beurteilung nach § 34 BauGB und
auch nach den Zielsetzungen des in Aufstellung befindlichen
Bebauungsplanes gegeben, zumal den Vorhaben nach Art der Nutzungen
mit SB- Warenmarkt, Tankstelle und TÜV durch Antrag auf Vorbescheid
bereits zugestimmt wurde.
Es ist vorgesehen, alle
Baumaßnahmen, die bautechnisch voneinander abhängig sind, zügig
zu realisieren. Zur Sicherung der Randbebauung ist der Eigentümer
bereit, eine verpflichtende Erklärung gegenüber der Stadt
abzugeben, dass das Vorhaben innerhalb von 2 Jahren realisiert wird.
Der Antrag auf Vorbescheid aus dem
Jahr 1999 (siehe Beilage) ist rechtsbeständig. Sollte entgegen dem
dargelegten Kompromiß das Bebauungsplanverfahren mit der
Zielsetzung eines Ausschlusses von Einzelhandelsnutzungen
fortgesetzt werden, so könnte der Antragsteller im vorliegenden
Fall mit Recht gemäß § 39 BauGB Vertrauensschaden geltend machen,
für alle planerischen Aufwendungen und Vorbereitungen, die im
Vertrauen auf den Vorbescheid getätigt wurden. Die städtebauliche
Begründung für einen generellen Ausschluss ist für diesen
Standort planungsrechtlich äußerst problematisch. Der Eigentümer
könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit gemäß § 42 BauGB eine
Entschädigung für eine wesentliche Wertminderung verlangen.
Wünsche der Bürger vor Ort und die
Baugenehmigungspraxis der Stadt Nürnberg driften auseinander
Nachdem die Zerstörung des
großzügig begrünten Grundstücks Schmausenbuckstraße 76 zu einem
empörten Aufschrei der Mögeldorfer Bürger und des Bürger- und
Geschichtsvereins Mögeldorf e.V. geführt hatte, beeilten sich alle
Fraktionen im Nürnberger Stadtrat zu versichern, dass in Mögeldorf
und Erlenstegen der Strukturerhalt gewährleistet werden soll. Die
Mögeldorfer erinnern sich hierbei noch genau an die Zusagen im
Rahmen einer Sonderveranstaltung im Naturkundehaus des Tiergartens.
Gesichert werden sollten dabei vor allem auch die Villenlagen mit
großen Parkanlagen am Tiergarten und in Ebensee. Zu diesem Zweck
wurden Bebauungsplanverfahren für Mögeldorf und Erlenstegen
eingeleitet, die noch nicht alle abgeschlossen sind.
Prüft man die Baugenehmigungen der
letzten Zeit, muß konstatiert werden, dass Zusage und Praxis
deutlich auseinanderfallen.
Fall 1: Grundstück zwischen
Farnstraße und Dientzenhoferstraße neben Kinderspielplatz
Das großzügige parkähnliche
Grundstück wird geteilt und auf einer Hälfte neu bebaut. Sie
erinnern sich: Zusage: Der Charakter soll erhalten bleiben.
Fall 2: Genehmigung eines
dreigeschossigen Punkthauses an der Dientzenhoferstraße (Einfahrt
Sportgelände Morgenrot-Mögeldorf)
Die Höhe weicht von der Umgebung um
ein Geschoß nach oben ab.
Fall 3: Schlüterstraße 1 - 5
Für dieses Grundstück gibt es einen
Bebauungsplan, der eine zweigeschossige Bebauung vorsieht. Obwohl im
Bereich Schlüterstraße 5 bereits faktisch aufgrund der
Höhenentwicklung ein dreigeschossiges Gebäude vorliegt, wird über
eine Ausnahmegenehmigung ein weiteres - viertes Geschoß -
genehmigt.
Obwohl die Verwaltung für das
Grundstück für die Schlüterstraße 1 - 3 auf eine Genehmigung
eines weiteren Geschosses verzichten will, akzeptiert der Stadtrat
ein weiteres Geschoss.
Fall 4: Ostendstraße 196:
Natürlich handelt es sich hier um
ein Gewerbegrundstück. Aber die Umgebungsbebauung an der
Ostendstraße ist ein fünfgeschossiger kompakter Straßenzug.
Genehmigt wird ein Bürokomplex mit zwei fünf- und zwei
siebengeschossigen Türmen. Aufgrund eines
Verwaltungsgerichtsverfahrens wird ein siebengeschossiger Büroturm
auf fünf Geschosse reduziert. Das Bauvolumen bedrängt das
Nachbargebäude in der Thusneldastraße in einer außergewöhnlichen
Weise.
Fall 5: Ostendstraße zwischen
Peugeot Fröhlich und Florimex
Auf dem Grundstück wird ein neuer
Aldi, eine Billigtankstelle und ein TÜV genehmigt. Mit der
Nürnberger Versicherung wurde an der Kreuzung Ostendstraße/-Cheruskerstraße
der Maßstab für die architektonische Entwicklung dieses Standorts
geschaffen. Dieses entwicklungsmäßige Vorbild wird durch die
Baugenehmigung in schlimmer Weise konterkariert. Zudem werden
hierdurch massive neue verkehrstechnische Probleme verursacht. Schon
heute ist die Kreuzung Ostendstraße/Cheruskerstraße hoffnungslos
überlastet. Dies hat dazu geführt, dass die Nürnberger
Versicherung nicht nur eine Linksabbiegespur, sondern zusätzlich
noch eine Rechtsabbiegespur wünscht. Wenn nun eine Billigtankstelle
gepaart mit einem Aldi unmittelbar bei der Kreuzung eröffnet, wird
die heute schon dramatische Stausituation weiter verschärft.
Natürlich ist der Stadt Nürnberg
zuzugestehen, dass sie lieber die Bürger in der Stadt hält (Fall 1
bis 3) als vor die Tore der Stadt ziehen lässt, sie lieber eine
ökologisch günstige Nachverdichtung als einen Flächenverbrauch
wünscht (Fall 3) und dass die Bautätigkeit als
Wirtschaftsförderungsmaßnahme gerade angesichts der derzeit
desolaten Wirtschaftslage, für deren Lösung die Bundesregierung
derzeit keinen Anlaß für Hoffnung gibt, ein bedeutsamer Faktor
ist, gleichwohl wird von den Mögeldorfer Bürgern der alte
Grundsatz pacta sunt servanda eingefordert.
Die Baugenehmigungspraxis
berücksichtigt den zugesagten Strukturerhalt nicht. Trotz
Bebauungsplänen wird höher gebaut (Fall 3), die parkähnlichen
Grundstücke werden zerstört (Fall 1), Gewerbe wird ohne Augenmaß
gebilligt. Aldi und die Billigtankstelle werden die Kreuzung
Ostendstraße/Cheruskerstraße kollabieren lassen, obwohl wir
entlang der Ostendstraße jede Menge Tankstellen haben und entlang
der Laufamholzstraße ein Handelsmarkt den anderen jagt. Mögeldorf
zahlt schon heute für solche Gewerbe einen viel zu hohen Preis. Wer
einmal das Grundstück Thusneldastraße neben dem Grundstück
Ostendstraße 196 angesehen hat, weiß, dass Wohnqualität hier
nicht mehr großgeschrieben werden kann.
Über der Tür im alten Rathaussaal
hin zum historischen Bürgermeisterzimmer wird angemahnt, immer auch
den anderen Teil zu hören (lat.: audire et altera pars). Die
Mögeldorfer Bürger würden sich wünschen, dass ihre Verwurzelung
und ihre Sensibilität mit ihrem Ortsteil von der Stadt Nürnberg
nicht einfach weggewischt, sondern in einer sinnvollen
Fortentwicklung Mögeldorfs münden würde. Der Bauverwaltung ist zu
wünschen, dass sie künftig ein Ohr am Bauherrn, aber auch ein Ohr
bei den Menschen vor Ort hat.
Wolfgang Köhler
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