Home

Zurück

Besuch bei der Firma Riedhammer,

Klingenhofstraße 72 am 9. Oktober 2003

Schon im Frühjahr war der Inhaber der Firma Riedhammer, Herr Peter Riedhammer, Gast beim Bürger- und Geschichtsverein Mögeldorf und stellte in einem hochinteressanten Vortrag seine Firma vor. Der Besuch in seiner Firma stellte den Abschluss dieser Informationsveranstaltung dar, indem wir Mögeldorfer das, was wir theoretisch erfahren hatten, nun vor Ort besichtigen konnten.

Gegen 14:30 Uhr fanden sich also ca. 35 Mögeldorfer in dem Gebäude der Hauptverwaltung der Firma Riedhammer ein. Der Bau, der vor rund 100 Jahren von dem Fabrikanten Neumeyer nach den Plänen eines Brandenburgischen Schlosses erbaut wurde, begeistert noch heute durch seine Architektur, teilweise Jugendstil. Man spürt aber auch, dass der jetzige Inhaber mit viel Mühe und Engagement – so wie wir es auch am Mögeldorfer Kirchenberg erleben dürfen - die alte Bausubstanz erhält. Übrigens dieser Teil Nürnbergs wurde vom Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg verschont! Man muss sich vorstellen, dass hier auf ca. 33.000 qm Gelände (davon 16.000 qm überbaut) früher einmal ca. 3.000 Arbeiter in Lohn standen.

In einem Konferenzraum begrüßte der Chef persönlich die Mögeldorfer Bürger und brachte eine kurze Einführung über das Wesen und die Arbeitsweise seiner Firma. Zunächst führte er kurz die Geschichte des Geländes aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Kabelmetall 1984/85 das Areal – später konnten wir auf einem alten Foto diese Ausmaße sehen. Die Firma Riedhammer residierte bis 1987 in den Gebäuden am Schleifweg, in denen heute die Firma ARO ihren Firmensitz hat. Für die Firma stellt die Herstellung von Brennöfen für alle Arten von Keramik den Hauptproduktionszweig dar. In einer historischen Übersicht wurde uns gezeigt, dass Keramik eine tausende Jahre alte Tradition aufweisen kann. Interessant war u. a. auch zu erfahren, dass der Begriff "bone china", der ja besonders für chinesisches Porzellan bekannt ist, von der Verwendung des Rinderknochenmehls (statt dem Bestandteil Kaolin) abstammt. Neben der bekannten Porzellanverwendung (u. a. Geschirr oder auch Sanitäranlagen) befinden sich Keramikteile in Handys, in jedem Motor oder auch Fön. So spielen außer Fliesen und Ziegel alle Keramikartikel eine Rolle. Zurzeit beschäftigt die Firma 260 Mitarbeiter mit sinkender Tendenz, seit 1939 besteht eine Lizenzvereinbarung mit Japan. 85 – 90 Prozent der Fabrikation gehen in den Export, es gibt kaum noch deutsche Kunden. In Japan und England wurden eigene Firmen gegründet, ansonsten sind Niederlassungen in mehr als 80 Ländern der Welt. Ein Motto der Firma lautet: "Kompetenz durch produktspezifisches Fachwissen." Die von der Firma Riedhammer angebotene Leistungspalette umfasst: Anwendungsberatung, Engineering, Projektierung, Logistik, Produktionskonstruktion, Montage, Inbetriebnahme, Service. So kann sich der Kunde auf eine Komplettbetreuung verlassen, was in Zeiten großer Konkurrenz nur von Vorteil sein kann. Die so produzierten Anlagen können ein Auftragsvolumen zwischen einer halben Million bis zu 10 oder 20 Mio. Euro umfassen. Nach diesen allgemeinen Ausführungen sahen wir einen Videofilm, der sich u. a. mit den Meilensteinen der Brenntechnik-Entwicklung, so wie sie die Firma Riedhammer auf den Weg gebracht hat, beschäftigte. Der Wille zu stetiger Innovation und die Kundennähe sind ein wichtiger Bestandteil der Firmenphilosophie.

Bevor sich die Gruppe zum Firmenrundgang teilt, überreicht die Mögeldorfer Stadträtin, Frau Hölldobler-Schäfer, im Namen des Bürger- und Geschichtsvereins Herrn Riedhammer ein Weinpräsent und bedankt sich für die Möglichkeit die Firma besichtigen zu können und die dafür investierte Mühe seitens der Geschäftsleitung. Den Rundgang führten Herr Riedhammer und einer seiner Mitarbeiter durch. Die "Gruppe Riedhammer" konnte während des Rundgangs Einblick in folgende Abteilungen nehmen: Über das Konstruktionsbüro, eine Fertigungshalle, die Lackierungsanlage (interessant hier der Einsatz einer Solaranlage, die Warmluft zum Trocknen leistet und eine Menge an CO2-Ausstoß einspart) kamen wir in eine Montagehalle, in der u. a. Aufträge für Indien, Algerien oder die bekannte Porzellan-Manufaktur – "Royal Copenhagen" – in Dänemark zusammengestellt wurden. In dem Wasserturm, der als Kennzeichen in Klingenhof weit sichtbar ist, wurde das Labor und die Anwendungs- und Versuchsabteilung untergebracht. Der Versuch in den oberen Etagen ein schönes Dachterrassen-Restaurant für die Mitarbeiter zu etablieren, musste aus Kostengründen scheitern, weil die Herausnahme der immer noch vorhandenen Wassertanks zu aufwendig war. Im Laufe seiner Führung wies Herr Riedhammer auf zwei wichtige Faktoren hin: Die erste Frage, die sich stellt, ist: Kann man mit den vorgegebenen Materialien einen zufrieden stellenden Brennvorgang durchführen? Zweitens man muss überprüfen, ob man den Brennvorgang beherrschen kann, d. h. dass das gewünschte Ergebnis erzielt werden wird. Praktisches Beispiel konnte an zwei Tellern demonstriert werden: Eine Porzellanfirma braucht einen neuen Brennofen, möchte das gleiche Dekor in gleicher Güte wieder herstellen. Wenn es hier zu Farbunterschieden kommt, muss man sich um eine Problemlösung bemühen. Hierzu gehört u. a. das Wissen, dass das Verhalten der Glasur auch von der Sauerstoffzufuhr abhängig ist. Des Weiteren kam man auch auf die möglichen Studiengänge zu sprechen. Es gibt hier die Möglichkeit der Verfahrenstechnik und des Industrieofenbaus. Die Firma unterhält engen Kontakt zu verschiedenen Lehrstühlen der Universitäten, unterstützt so Projekte und gibt aber auch gezielt Diplom- und Forschungsarbeiten in Auftrag. Eine weitere Station im Rundgang war das Messzentrum und die Lehrwerkstatt. Früher bildete die Firma über 20 Auszubildende aus, immer mehr, als man selbst gebraucht hat. Jetzt sind es zehn bis fünfzehn junge Leute, die als Anlagenelektroniker oder Anlagentechniker, aber auch im kaufmännischen Bereich ausgebildet werden. Geplant ist eine Kooperation zwischen einigen großen Firmen, die so in einer Vernetzung eine bestmögliche Ausbildung garantieren wollen.

Nach dem Rundgang führte uns Herr Riedhammer in die werkseigene Kantine, in der Kaffee, kalte Getränke, ein Kuchen- und Kanapee-Büfett auf uns warteten. So war noch genügend Zeit für Gespräche untereinander und nachdem die zweite Gruppe auch eingetroffen war, genug Gelegenheit für Fragen an den Geschäftsinhaber. Hier wurde u. a. deutlich, dass trotz eines Umsatzvolumens zwischen 50 und 70 Mio. Euro der geschäftliche Erfolg starken Schwankungen unterworfen ist. So hatte das Unternehmen z. B. im Jahre 1999 einen absoluten Einbruch zu verzeichnen, weil die Auftragseingänge stagnierten. Im Jahre 2000 musste also ein immenser Verlust verzeichnet werden. Dies liegt sicherlich auch an der Globalisierung, die Gewinnmargen enger werden lässt und Konkurrenz auch dort entstehen lässt, wo Lohnnebenkosten noch sehr gering sind. So verstehen es z. B. chinesische Hersteller als ganz normal, Brennöfen zu "kopieren" – gereiche es doch dem kopierten Unternehmen als Ehre, dass gerade er kopiert worden sei. Die Bürger mit ihrem Kaufverhalten, das die günstigsten Waren favorisiert, sind ein weiterer Grund für die Auslagerung von Produktion in Billigländer. So kann z. B. China halb so teuer produzieren wie ein deutscher Hersteller. Der Heimvorteil ist nicht mehr vorhanden – im Gegenteil, viele oberfränkische Porzellanmanufakturen stehen am Ruin. Öfen sollen oder müssen nicht mehr einige Jahrzehnte überdauern, sondern knapp zwei bis drei Jahre. Daher sollen diese auch in der Produktion nicht mehr so viel kosten. Man lässt sich 10 und mehr Angebote vorlegen, nimmt das billigste, nicht unbedingt immer das, das am meisten Qualität bietet. Nachdem auch im Jahr 2001 von Juli bis Dezember keine Auftragseingänge zu verzeichnen waren, entschloss sich die Firma Riedhammer eine 30-prozentige Beteiligung einer italienischen Maschinenbaugruppe mit einer 1 Milliarde Umsatz zu akzeptieren. Bei Projekten von nunmehr 10 bis 30 Mio. Euro werden die Forderungen der Banken mit Bankbürgschaften immer problematischer, da eine Rückhaftung als Privatperson unmöglich wird. So befindet sich die Firma Riedhammer in einer gewissen Umbruchphase. Von den momentan insgesamt 120 Arbeitnehmern werden nur noch ca. 30 – 40 Personen übrig bleiben, die dann neben Entwicklung und Montage in den Produktionsstätten im Ausland sein werden und dort vor Ort die Kunden betreuen werden. So wird auch das Thema Innovation in Zukunft eine immer größere Rolle spielen, um konkurrenzfähig zu bleiben – und das kostet wiederum Geld! Riedhammer kann aber immer noch seine führende Marktposition weltweit behaupten, was nicht zuletzt an dem zuletzt genannten Faktor liegt. Weltweit hat Riedhammer 10 – 15 ernstzunehmende Konkurrenten, Riedhammer hat aber den besten Ruf weltweit. Auch auf sozialem Gebiet leistet Riedhammer neben der Kantine einiges: So unterhält man einen Betriebssportverein und einen Betriebskulturverein. Mit dem Ausblick auf das Jahr 2004, in dem das 80ig-jährige Firmenjubiläum gefeiert wird, beschloss Herr Riedhammer gegen 17:30 Uhr die Führung durch sein Werk. Frau Hölldobler-Schäfer bedankte sich recht herzlich für die aufschlussreichen Gespräche und die Gelegenheit, wieder einen großen – weltweit vertretenen – Konzern Mögeldorfs besuchen zu dürfen. Alle Anwesenden unterstrichen dies mit einem herzlichen Applaus und großem Dank!

Dr. Ute Köhler