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"DAS  EHEMALIGE  DORF  ERLENSTEGEN“

Lichtbildervortrag von Prof. Dr. Rusam
 

 

 

Blick vom Kohlbuk auf das obere Dorf Erlenstegen

und die 1877 eröffnete Bahnlinie

 

Nach den Jubiläen der benachbarten Vorstädte Zabo und Laufamholz, die mit geschichtlichen Abhandlungen in unserem Mitteilungsblatt gewürdigt wurden, soll nun ein Lichtbildervortrag über Erlenstegen unsere Sicht abrunden. Natürlich ist Mögeldorf älter, hat aber auch viel Gemeinsames mit Erlenstegen aufzuweisen: Die Herrensitze, die Pegnitz als gemeinsamen Grenzfluss, begehrte  von Nürnbergern gerne besuchte Wirtshäuser, große Zerstörungen in den Markgrafenkriegen und im Dreißigjährigen Krieg, die gleichzeitige Eingliederung nach Nürnberg und vieles andere mehr. 

Herr Prof. Dr. Rusam hat intensiv in der Geschichte Erlenstegens geforscht und alles zusammengetragen, was an Informationen, Geschichten, Urkunden und Bildern zu bekommen war und vieles auch aus dieser Sphäre veröffentlicht.

Der Primus wird auch für alle diesbezüglichen Fragen offen sein. Es wird wohl ein interessanter Abend werden, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

F.Schaller


Geschichte wurde lebendig durch Bilder und Geschichten. Im vollbesetzten Pfarrsaal St. Karl hat Herr Dr. Rusam uns einen informativen und doch kurzweiligen Abend präsentiert. Seine Bilder waren ausgesucht, treffend und sprechend. Wir haben viel erfahren, vor allem aber auch viel erlebt. Da waren die Mögeldorfer höchst beeindruckt! Der früheste steinzeitliche Fundplatz im Nürnberger Stadtgebiet befindet sich ausgerechnet in Erlenstegen. Im Gebiet des Tiefgrabens hat man Werkzeuge aus der Zeit von etwa 10.000 v. Chr. gefunden.

Der Name Erlenstegen taucht allerdings erst 1216 in einer Urkunde auf. Ein bescheidenes Bauerndorf war Erlenstegen und hat doch schon im 16. Jahrhundert die Reichen aus Nürnberg angezogen. Kein anderes der Dörfer im Umkreis von Nürnberg hatte so viele Herrensitze, Sitzlein oder Lusthäuser wie Erlenstegen. Heute sind noch drei davon erhalten: Das Kressenschlösschen in der Vossstrasse, das Scheurlsche Schlösschen in der Erlenstegenstraße 111 und das Wölckernsche Schloss in der Günthersbühler Straße neben dem Naturgartenbad.

Bis ins 20.Jahrhundert war Erlenstegen bäuerlich geprägt. Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Nürnberger mit der zweiten Eroberung des Dorfes. Wie Mögeldorf wurde Erlenstegen 1899 nach Nürnberg eingemeindet. Schon vorher wurde die erste Villa in der Eichendorffstraße errichtet. Damit begannen die Konflikte zwischen den alteingesessenen Bauern und den zugezogenen feinen Städtern. Die Dung- und Abortgrube des Oekonomen Volkert erregte ob ihres Geruchs höchstes Ärgernis. Trotz jahrelanger Auseinandersetzungen musste der Magistrat dem Landwirt immer weitere Fristen einräumen. Darüber verstarben die Kontrahenten. Erst als 1943 beide Anwesen von Bomben zerstört wurden, war der Streit beendet.

Erlenstegen lockte nicht nur die begüterten Nürnberger. Seine Wirtschaften zogen die Stadtbevölkerung seit Jahrhunderten an. Heute noch beeindruckt der behäbige Sandsteinbau des „Goldenen Sterns“ gegenüber der Endhaltestelle der Straßenbahn. Etwa 1740 wurde der heutige Bau errichtet und er kann auf eine lange gastronomische Tradition zurückblicken. Manchen Nürnbergern Konrad Meisel noch in Erinnerung, der als bodenständiger Wirt zentnerweise den Kloßteig verarbeitete.1985 schloss er seine Wirtschaft. Zur Zeit ist es etwas still geworden um den Goldenen Stern.

Nicht weniger bekannt war der Kalbsgarten, der schon 1969 seinen Betrieb einstellte. Ihm ist es vor allem zuzuschreiben, dass im 19. Jahrhundert Erlenstegen als „vorzüglicher Belustigungsort“ beschrieben wird.

Von ganz anderem Gewicht war das, was Rusam über Kriege und Kriegswirren in Erlenstegen berichtete. Im Mittelalter war die Landbevölkerung um Nürnberg schutzlos gegen kriegerische Einfälle. Das erwies sich besonders im Ersten Markgräflichen Krieg, den der Ansbacher Markgraf Albrecht Achilles gegen die Reichsstadt Nürnberg führte. Zu seinem Heer gehörte ein eigener Brandmeister, der planmäßig die Ortschaften in Brand setzte. Im Zweiten Markgräflichen wurden von den Ansbachern ebenfalls 170 Dörfer eingeäschert. Vom Dreißigjährigen Krieg gibt es wenige Berichte. Aber 1631 waren Kaiserliche Truppen im Osten und 1632 Gustav Adolf auf dem Thumenberg. Truppen mussten ernährt werden! Noch im 18. und 19. Jahrhundert mussten Bauern zwangsweise durchziehende Truppen begleiten.

Im Zweiten Weltkrieg wurde auch Erlenstegen schwer getroffen. Möglicherweise sollte die Bahnlinie oder auch das Wasserwerk das Ziel sein. Als im April 1945 amerikanische Truppen Erlenstegen besetzten, kamen schwere Tage. Der tragische Tod der 13 jährigen Margarete Kalb zeigte die Unerbittlichkeit von Kriegen.

Das alte Dorf Erlenstegen gibt es nicht mehr. Nur noch wenige Bauten erinnern an seine Vergangenheit. Doch die wenigen verbliebenen steinernen Zeugen sollen eine Erinnerung und eine Mahnung an uns sein, darüber nachzudenken über unsere Wurzeln und die Kräfte, aus denen wir leben.   

 

Elfriede Schaller

 

 

 

letzte Änderung: 01.05.07

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