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Besuch der Nürnberger Nachrichten

Einmal Presseluft schnuppern und etwas über das Werden einer Tageszeitung erfahren, das war schon ein gutes Angebot unseres Vereins. So fand sich am 22. September eine stattliche Gruppe von Mögeldorfern in der Marienstraße im Nürnberger Zeitungsviertel ein.

Gleich zwei erfahrene Zeitungshasen begrüßten uns. Herr Wolfermann, ehemaliger Abteilungsleiter in der Produktionstechnik, und Herr Seus, Redakteur der Lokalredaktion und des Nürnberger Stadtanzeigers. Sie kennen doch Jo Seus! Jeden Mittwoch lächelt er uns aus dem Stadtanzeiger verschmitzt durch seine Vorstadtbrille an.

Die beiden Herren gaben uns sozusagen einen Grundkurs übers Zeitungsmachen und speziell über das, was im Nürnberger Druckhaus passiert. Es beherbergt außer der NN auch die NZ. Obwohl in gleichem Besitz, arbeiten die Redaktionen der Nachrichten und der Zeitung völlig getrennt. Etwa 170 Redakteure sind es bei der NN, die montags bis freitags allein im Nürnberger Stadtgebiet eine tägliche Auflage von ca. 85.000 Exemplaren hat. Die NZ erscheint montags bis freitags mit etwa 25.000 Exemplaren und wird von etwa 60 Redakteuren betreut. Die wesentlich höhere Zahl an Redakteuren bei der NN liegt vor allem daran, dass die „Nachrichten“ auch in Fürth, Erlangen, Forchheim, Pegnitz, Herzogenaurach und Neumarkt erscheinen. Dazu kommen weitere zwölf angeschlossene Heimatzeitungen wie die „Windsheimer Zeitung“ oder der „Treuchtlinger Kurier“. Jede dieser Zeitungen betreibt eigene redaktionelle Lokalarbeit. Zusammen kommt diese Arbeitsgemeinschaft montags bis freitags auf etwa 290.000 Auflagen pro Tag. Im Anzeigenteil dagegen arbeiten NN und NZ zusammen. Von Montag bis Freitag haben sie zusammen eine Auflage von mehr als 322.000, am Samstag 376.000. Damit stellt diese Gruppe einen bedeutenden Werbeträger dar, was für die geschäftliche Grundlage der Zeitungen bedeutsam ist. Denn es ist die Werbung, die hauptsächlich den aufwändigen Verlagsbetrieb finanziert. Der Leser meint wohl, dass er nicht gerade wenig für seine Zeitung bezahlt. Doch die NN ist stolz darauf, dass sie bei 15 regionalen Tageszeitungen in Deutschland mit der Auflagenhöhe auf Platz drei steht, im Preis aber am unteren Ende. Den „Sonntagsblitz“ dagegen, gemeinsam herausgegeben von NN und NZ, den gibt es umsonst. Er finanziert sich ganz aus der Werbung, hält sich heraus aus der Politik, ist aber nicht zuletzt wegen seines redaktionellen Teils den Nürnbergern als Feiertagslektüre hochwillkommen.

Ein prominentes Kind der NN-Gruppe ist der „Kicker“, der montags und donnerstags mit einer Druckauflage von 400.000 bzw. 350.000 im Olympia-Verlag erscheint. Nicht zu vergessen, dass Radio „F“ auch zur NN-Gruppe gehört.

Was den Leser aber am meisten interessiert, ist der redaktionelle Teil der Zeitung. Er will wissen, was los ist in der Welt. Er will es lesen, trotz Radio, TV und Internet. Erst einmal sorgen vier große Presseagenturen für eine Grundfütterung an Informationen. Sie decken jedoch nur einen relativ kleinen Teil ab, weil die NN großen Wert auf eigene Beiträge legt.

Die redaktionelle Arbeit erfolgt nach genauem Zeitplan

Der Lokalredakteur kann sowieso nicht auf die Agenturen zurückgreifen. Er muss ran an den Ort des Geschehens. Ein Vorteil für ihn ist, dass er etwa 70% seiner Artikel vorplanen kann. Sein Ressort kann früh am Tag, etwa um 9 Uhr mit der Arbeit beginnen. Bis zur großen Mittagskonferenz steht schon einiges. Hier wird Kritik an gestern geübt und die Redakteure müssen ihre Platzansprüche für die morgige Zeitung anmelden.

Beim lokalen Teil hakte sich unsere Mögeldorfer Gruppe mit Fragen und Bemerkungen ein. Man vermisst immer noch ein wenig den früher vierteiligen „Stadtanzeiger“. Seit geraumer Zeit gibt es ihn einmal pro Woche als Ausgabe Nord oder Süd. Die Mögeldorfer finden sich nun in recht fremder Nachbarschaft mit Buchenbühl oder Großgründlach, während das vertraute Zabo in Ausgabe Nord nicht vorhanden ist.

Raum für kleinere Ereignisse in Nürnberg bietet der neue Teil „Nürnberg Extra“, das vielen Lesern wie die Billigausgabe von „Stadt Nürnberg“ anmutet. Diese vier Seiten sollen für die Leser der A-Ausgabe (Stadtgebiet: „Nürnberger Nachrichten“) einen Ausgleich zur B-Ausgabe bieten. Die B-Ausgabe sind die „Nachrichten“ außerhalb Nürnbergs, z.B. „Fürther Nachrichten“ oder „Erlanger Nachrichten“. Diese hatten schon immer eine eigene lokale Einlage, also von Fürth oder Erlangen. Trotzdem fehlt nicht der Teil „Stadt Nürnberg“. Die Nürnberger Leser waren also vom Umfang her benachteiligt. “Nürnberg-Extra“ soll eine Gleichbehandlung herstellen. Noch etwas lag den Mögeldorfern am Herzen. Sie meinten, ihr Stadtteil würde mit seinen Ereignissen und Anliegen nicht gebührend gewürdigt. Andere Stadtteile fänden mehr Beachtung.

Herr Seus mochte sich dem nicht ganz verschließen. Es könnte schon sein, dass die Redakteure mehr Informationen von anderen Wohngebieten erhielten und vielleicht auch bedingt durch die eigene Wohngegend dort aufmerksamer seien. Die NN wäre aber sehr an Informationen und Hinweisen aus Mögeldorf interessiert. Er könne es sich auch vorstellen, dass sich ein junger Mensch mit Lust zum Schreiben mit ihm in Verbindung setzte. Er würde jede Unterstützung zu einer freien Mitarbeit erfahren.

Kurz vor 22 Uhr ging es dann ins technische Herz, hinein ins Druckhaus. Um bei dem zu erwartenden Lärm auch Herrn Wolfermanns Erklärungen verstehen zu können, war jeder mit ihm durch ein Headset verbunden.

Ein Blick ins Papierlager des Druckhauses

Zunächst ging es mit dem Aufzug weit hinab in den Rollenkeller, fast bis auf Imaxkino-Tiefe. Dort lagern die 1,3 Tonnen schweren Papierrollen, die aus 80% Altpapier bestehen. Sie werden wie rohe Eier behandelt und sanft zu den Druckmaschinen befördert. Die Erstbestückung wird noch manuell am Bildschirm gemacht. Der Rollenwechsel, früher eine heikle Sache, erfolgt dann robotergesteuert, aber nicht ohne Aufsicht eines Fachmanns. Wie werden dann Zeitungen aus diesen gigantischen Rolle? Die fertigen Druckplatten liegen bereits in der Rotationsmaschine. Alle relevanten Daten sind am PC eingespeist worden und die Maschine weiß, was sie zu tun hat. Langsam fährt sie an. Sekunden später kann das Auge der Papierbahn kaum mehr folgen und kurz darauf liegen die ersten gedruckten und gefalteten Zeitungen auf dem Tisch. Überwacht wird der Druckvorgang ständig von einem Rotationsdrucker. Zu schnell kann es passieren, dass eine Störung eintritt, Farbe oder Wasser ausgeht. Im Nu wären dann Tausende von Exemplaren nur noch Makulatur.

Durch das 2003 eingeführte Offset-Verfahren hat die Zeitung ein wesentlich verbessertes Schriftbild. Vor allem die Bilder gewinnen durch den neuen Vierfarbendruck. Und vor der Druckerschwärze braucht man sich auch nicht mehr zu fürchten. Wir bekamen alle eine druckfrische, noch feuchte Ausgabe B der NN. Da schmierte nichts mehr ab. Die Hände blieben sauber dank der neuen Off-Set-Technik.

Pulsierendes Zeitungsleben in der ganzen Halle. Über uns, neben uns – überall laufen die Transportbänder. Daran hängen an Rollen unendlich viele gelbe Glieder mit Greifern. Akkurat hängen daran die Zeitungsexemplare, gefaltet und mit Löchern versehen. Die Faltung muss ungleich sein und am unteren Rand braucht man Löcher, damit die Maschine die Zeitung leicht aufklappen und mit Beilagen füllen kann.

Über lange Transportbänder wandern die Zeitungen durch die Expedition

Vollautomatisch bündeln dann die Greifmaschinen die Zeitungen nach Zustellbezirken und packen sie in Folie. Nebendran erstellt ein Drucker die Versandzettel mit den Informationen für den Träger, z.B. „Helga Müller bis 16. 08. in Urlaub.“ Vollautomatisch läuft die Zeitungsherstellung – fast! Ganz ohne Menschen geht es nicht. Da steht doch tatsächlich eine Frau und fügt Zeitungsteile („Schlitten“) von Hand zusammen. Immer wieder passieren dem Roboter Fehler. Die werden ausgebügelt. Eine einzige Frau tut das. Früher standen hier Hunderte.

Draußen im Verladehof regiert auch der Mensch. Bereits um 23 Uhr rollen die ersten Transporter ein. Die B-Ausgabe der NN (für die Landbezirke) wurde als erste gedruckt und kann verladen werden. Die A-Ausgabe für die Stadt Nürnberg kommt später dran. Aber bis 3 Uhr ist die Expedition mit der Arbeit fertig und um 4.30 haben die ersten Abonnenten ihre Zeitung.

Mit einer noch feuchten B-Ausgabe, den„Hersbrucker Nachrichten“ verlassen wir spät, aber nicht müde das Druckhaus. Nur noch wenige Stunden – und wir holen unsere A-Ausgabe aus dem Briefkasten.             

   Elfriede Schaller

 

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letzte Änderung: 17.06.04