Es ist geschafft! Wir sind im Februar ins Marthaprojekt gezogen. In
unsere Lebenswerkstatt Martha, wie wir den gemeinnützigen Verein, der uns wie
ein Dach überspannt, getauft haben. In unser Sonnenhaus, das wir so nennen, weil
es so schön gelb gestrichen ist. Die Wohnungen mit den vielen Fenstern, sind
hell. Die Weite nach den verschiedenen Himmelsrichtungen öffnet den Blick und
die Freude darüber, dass wir endlich in der Marthastraße gemeinsam leben werden,
verbindet viele von uns wie die Wärme der Sonne. Wir, das sind ca. 100 Menschen
die zwischen 3 Monaten und 79 Jahren alt sind. Darunter mehr als 20 Kinder und
Jugendliche.
Wir,
das sind Singles, Menschen mit Handicap, Familien, Paare, deren Kinder das Nest
schon verlassen haben, alleinerziehende Mütter und Paare ohne Kinder. Wir, das
sind Menschen aus vielen Ländern: aus Polen, Eritrea, Skandinavien, der Türkei,
Peru, Österreich, Vietnam, Indien und natürlich aus Deutschland.
In 62 Wohnungen werden wir leben, wenn die
Letzten im Juni eingezogen sind und das Besondere daran ist, dass die meisten
von uns in guten, wie in schlechten Tagen das Leben miteinander teilen wollen.
Das ohne Zwang, mehr aus der Freude am gewachsenen Miteinander heraus und der
schon in den letzten drei Jahren entstandenen freiwilligen
inneren Verpflichtung. Diese junge aber kräftig gewachsene Pflanze will
nun gegossen, gehegt und gepflegt werden. Mein
Mann und ich, beide über 60, arbeiten von Anfang an, das heißt seit über drei
Jahren am Aufbau und der Entwicklung unseres Generationen übergreifenden
Wohnprojektes mit. Wir und eine stattliche Anzahl von Menschen, die sich über
Martha zu unterschiedlichen Zeiten zusammenfanden, haben viel Zeit und Kraft in
unser Projekt gesteckt. Mit der WIN GmbH, unserem Vermieter, haben wir uns oft
auseinander und dann wieder zusammengesetzt. Oft trafen unsere Wünsche auf
offene Ohren. Wir sind alle sehr stolz auf das, was dadurch entstanden ist.
Es gibt eine Grundstruktur, die den Rahmen des
Zusammenlebens bildet. Dies sind die Wohngruppen, denen man sich anschließen muß,
verbunden mit einem Aufnahmeantrag. Es ist uns wichtig, daß wir im Grunde
ähnliche Lebensvorstellungen haben. In vielen Arbeitskreisen werden die sich
ständig wechselnden Themen bearbeitet und bei einem monatlichen Workshop der
ganzen Gruppe vorgestellt. So entwickelte der Arbeitskreis Solidarität
Richtlinien, an denen wir uns orientieren wollen um gut miteinander umzugehen.
Der Arbeitskreis Garten verhinderte, daß wie so oft die Gartenanlage zu einem
eckigen Raum mit geraden Wegen und den üblichen Bepflanzungen degradiert wurde.
Eine engagierte und leidenschaftliche Mitbewohnerin, für die der Umgang mit
Pflanzen schon lange viel mehr bedeutet, als die Gestaltung von Nutzflächen,
erarbeitete mit einigen Bewohnern das Bestmögliche für die Großen und die
Kleinen im Außenbereich. Der Arbeitskreis Selbstverwaltung regelt, wie wir unser
Haus putzen, pflegen und verwalten werden. Manchmal bildeten sich mehr als 10
Arbeitskreise, die sich wieder auflösten, wenn ein Bereich geklärt war. Während
ich nun heute an diesem sonnigen Märzmorgen in unserer neuen Wohnung sitze um
diesen Artikel zu schreiben, bin ich mir darüber bewußt, wie bedeutsam es in
unserer heutigen Zeit ist, dass sich Menschen verbinden. In Zeiten, wo eher
Einsamkeit und Isolation durch Konkurrenz und die immer größer werdende Kluft
zwischen alt und jung, arm und reich, ja zwischen den verschiedensten Kulturen
entsteht, brauchen wir Projekte wie die Lebenswerkstatt Martha.
Unser Martha Cafe, das voraussichtlich im Juni eröffnet, will eine
Brücke in unsere Mögeldorfer Nachbarschaft schlagen. Die Mitglieder des
gemeinnützigen Cafe- Vereins arbeiten intensiv daran Wege ins Quartier zu
finden. Neben besonders gutem Kaffee und selbstgebackenem Kuchen, leckeren
Suppen und Snacks, sind die verschiedensten Angebote geplant. Kultur,
Tauschbörsen, Märchenabende, Konzerte
und vieles mehr. Wir hoffen auf ein gutes, gesegnetes und anregendes
Miteinander. Wir haben den Schritt gewagt, in einer Gemeinschaft zu leben. Wir
wissen, daß wir unsere Tür zumachen können, wenn wir Ruhe brauchen. Unsere
Vision ist es in einer gemeinsamen Welt, in der auch Unterschiede sein
dürfen, zu leben. Gerade die akzeptierte Andersartigkeit macht ein lebendiges
Miteinander erst möglich. Jetzt sind wir endlich in der Marthastraße eingezogen
und sind sehr froh darüber.
Gabriele
Poelchau
Sehr
geehrter Herr Köhler,
Sie haben ja schon von einigen Bewohnern des
Mehrgenerationen-Wohnprojekts in der Marthastraße erfahren, dass wir, eine
Gruppe von Bewohnerinnen und Bewohnern, eine Nachbarin und einige Freunde und
Bekannte, in den neu entstandenen Gewerberäumen in der Marthastraße eine Kultur-
und Begegnungsstätte mit Tagescafé betreiben werden. Wir wollen damit eine
Brücke in die Nachbarschaft bauen und wünschen uns, dass mit dem Café ein
kleines Zentrum entsteht, an dem sich Menschen aus dem Wohnprojekt, der
Nachbarschaft und darüber hinaus begegnen und austauschen können. Und vielleicht
entsteht daraus ja sogar eine gegenseitige nachbarschaftliche Unterstützung, so
wie wir es in unserem Wohnprojekt zum Teil schon leben.
Damit niemand
ausgeschlossen wird, haben wir im Café für Speisen und Getränke neben dem
Marktpreis auch einen ermäßigten Preis für Menschen mit wenig Geld. Das Geld
legen alle Gäste selber in eine Kasse – so muss sich niemand dazu bekennen,
wenig Geld zu haben. Veranstaltungen bieten wir – soweit möglich – auf
Spendenbasis an. Wir hoffen, dass sich dieses Konzept bewährt und wir mit den
Einnahmen unsere Kosten decken können. Das geht natürlich nur dann, wenn
diejenigen, die genügend Geld haben, auch den vollen Preis zahlen, und Einzelne
vielleicht auch mal etwas mehr Geld in die Kasse legen. Neben
Kaffeespezialitäten, Tee, kalten Getränken und hausgemachten Kuchen bieten wir
von Dienstag bis Freitag auch einen kleinen, vegetarischen Mittagstisch an. Die
Eröffnung wird voraussichtlich Mitte Juni sein und alle Bewohnerinnen und
Bewohner im Stadtteil sind herzlich eingeladen.
Wir werden regelmäßig wechselnde Kunstausstellungen
haben, Lesungen, Konzerte sowie Vorträge und Filme insbesondere zu ökologischen
und sozialen Themen. Wir kooperieren unter anderem mit der Musikschule Nürnberg,
die in diesem Jahr noch vier Konzerte bei uns geben wird, und mit Mitgliedern
von Blue Pingu, einer Nachhaltigkeitsplattform für die Region Nürnberg. Außerdem
möchten wir mit einem Reparatur- und Nähcafé dazu beitragen, dass kaputte Dinge
nicht weggeworfen, sondern wenn möglich repariert werden, und wir hoffen, dass
wir Menschen finden, die vielleicht schon älter sind und diese Fähigkeiten an
die jüngere Generation weitergeben möchten. So gibt es auch einen Austausch
zwischen Alt und Jung. Alle Menschen, die bei uns mitmachen wollen, sind
herzlich willkommen. Die Kultur- und Begegnungsstätte und das Café werden
ehrenamtlich betrieben. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie in dem
Mitteilungsblatt des Bürger- und Geschichtsvereins Mögeldorf e.V. einen Artikel
über die Kultur- und Begegnungsstätte und das Café veröffentlichen würden und
sind natürlich auch gerne bereit, den Artikel selber zu schreiben. Darüber
hinaus freuen wir uns natürlich auch über einen Austausch mit Ihnen.
Herzliche Grüße
Manuela Schmidt, 1. Vorsitzende des
Trägervereins „Alle wirken zusammen e. V.“,
im Namen des Vorstands und des ganzen Teams
Sehr
geehrte Damen und Herren,
In Heft 2 der
Mitteilungen, Seite 31, wird die neue Mietwohnanlage Marthastraße 31- 39
vorgestellt, die dazu gehörende Kindertagesstätte auf Seite 26. Zum Bild auf
Seite 26 eine Berichtigung: Der im
Rollstuhl sitzende Herr ist nicht der Architekt, sondern Jochen Kapelle,
Vorstandsmitglied des Investors WIN GmbH.
Ob die Wohnanlage nun gelungen ist oder nicht, dazu gibt es - wie immer
bei solchen Vorhaben – unterschiedliche Meinungen. Herr Kliment Markov
kritisiert in seinem Leserbrief (Seite 32) die Bebauung, vor allem den großen
monolithischen "Betonklotz". Er hat ja recht, den freien Blick von der
gegenüberliegenden Straßenseite gibt es nicht mehr.
Als
ehemaliger Miteigentümer (leider nicht Alleineigentümer) des Grundstücks führte
ich die Verhandlungen mit den Investoren. Was Herr Markov nicht bedenkt: Bei den
Verhandlungen saß, wenn auch unsichtbar, ein Dritter am Tisch, der alle Trümpfe
in der Hand hatte: das Stadtplanungsamt.
Immer
dann, wenn in den Verhandlungen die wesentlichen Punkte geklärt waren, waren wir
bei der Stadtplanung, meist beim Leiter des Stadtplanungsamtes, damit der
Investor sein Vorhaben vorstellen konnte. Es hat ja keinen Sinn, einen
notariellen Kaufvertrag abzuschließen, wenn offen ist, ob das Vorhaben
genehmigungsfähig ist.
Mehrere Besprechungen bei der Stadtplanung haben wir
- der jeweilige Investor, der Makler und ich - mit langen Gesichtern wieder
verlassen. Zwei Beispiele: Ein Investor wollte Reihenhäuser bauen. Also eine
aufgelockerte Bebauung mit viel Grün, auch wenn nur kleine Gärten vorgesehen
waren. Veto der Stadtplanung: Entlang der Marthastraße nur eine Blockbebauung
mit E + 3 Geschossen. Begründung: Die bestehende Bebauung der gegenüberliegenden
Straßenseite muß "aufgenommen werden".
Ein anderer Investor war bereit, entlang der
Marthastraße mehrgeschossig zu bauen. Doch er sah nicht einen langen Block vor,
sondern drei kürzere Blöcke. Also Raum für Durchblicke. Dahinter fünf Zeilen mit
Reihenhäusern. Die Stadtplanung lehnte ab: Keine Einfamilienhäuser, nur
mehrgeschossig. Der Investor war nicht mehr interessiert.
Also
ist durch den Investor WIN GmbH das entstanden, was die Stadtplanung als
"städtebauliche Lösung" haben wollte. Auch die Gewerbeeinheiten, die gar nicht
leicht zu vermieten sind, sind eine Vorgabe der Stadtplanung. Leerstehende Läden
sind wir in der Marthastraße ja gewohnt. Werden es jetzt mehr werden?
Mit
freundlichen Grüßen
Dieter Beckh
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