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Schreiben der Regierung Mittelfranken 

Heftausgabe Februar 2019

Vollzug des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) und des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG); geplantes Naturschutzgebiet "Pegnitztal Ost“, Stadt Nürnberg/Behandlung der Einwendungen gemäß Art. 52 Abs. 4 BayNatSchG im Rahmen des Auslegungsverfahrens nach Art. 52 Abs. 2 BayNatSchG

 
Sehr geehrter Herr Köhler,

vielen Dank für Ihre beiden Schreiben in denen Sie die Vorbehalte des Bürger- und Geschichtsvereins Mögedorf e. V. zur geplanten Ausweisung des Naturschutzgebietes "Pegnitztal Ost" zum Ausdruck bringen.

Die Notwendigkeit einer Ausweisung des "Pegnitztal Ost" als Naturschutzgebiet ist vielfältig durch das Schutzgutachten, das Fachgutachten von Frau Dr. Mühlhofer, den Managementplan für das FFH-Gebiet "Wasserwerk Erlenstegen", DE 6532-371 und die Stadtbiotopkartierung der Stadt Nürnberg belegt. Die Stadtbiotopkartierung von 2008 wurde über einen Zeitraum von mehreren Jahren über das gesamte Stadtgebiet Nürnberg erhoben und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bereich des gesamten Pegnitztales Ost mit einer Dichte von 38 kartierten Biotopen mit insgesamt 90 Einzelflächen als einziger Bereich im Stadtgebiet Nürnberg mit der Schutzkategorie Naturschutzgebiet ausgewiesen werden soll. Das Schutzgutachten der Regierung von Mittelfranken und das Fachgutachten des Büros Ifanos haben die Schutzwürdigkeit und die Schutzbedürftigkeit des gesamten Bereiches bestätigt.

In Zusammenarbeit mit der Stadt Nürnberg wurde ein Wege- und Zonenkonzept entwickelt, wodurch ein tragfähiger Kompromiss zwischen den Interessen der Naherholung und den Interessen des Naturschutzes gefunden werden konnte. Vor Allem das ungeregelte Freizeitverhalten hat Probleme geschaffen, die die naturschutzfachliche Wertigkeit des Gebietes herabsetzen und damit dem Verschlechterungsverbot für das FFH-Gebiet widersprochen haben.

Es hatte sich gezeigt, dass freiwillige Maßnahmen nicht ausreichend sind, um langfristig den äußerst wertvollen Komplex aus offenen und bewaldeten Bereichen im Pegnitztal zu erhalten: Hochwertige und besonders schutzwürdige Magerrasen und artenreiche Extensivwiesen durchziehen das Pegnitztal; es gehört zu den wertvollsten Sandlebensräumen im Stadtgebiet von Nürnberg.

Der Besucherdruck zeigt sich mit Beeinträchtigungen wie Abfällen und Hundekot; die Veränderung des Gebiets zeigt sich vor allem bei der störanfälligen Gruppe der bodenbrütenden Vogelarten; diese haben außerhalb des Fassungsbereichs des Wasserwerks momentan keine Brutmöglichkeiten. Da das Gebiet stark als Hundeauslaufgelände frequentiert wird, besteht zudem die Gefahr, dass sich Hundekot im Mähgut befindet. Die heute praktizierten Vorgehensweisen bei forst- und landwirtschaftlicher Nutzung sowie bei Pflegeaktivitäten zur Unterstützung der Naherholungsfunktionen sind nicht Ursache für den Rückgang der Bodenbrüter, sie werden an die Erfordernisse eines Naturschutzgebietes angepasst. Unstreitig ist, dass es sich beim Pegnitztal Ost um ein wertvolles Gebiet handelt, das behutsam und pfleglich behandelt werden muss.

Deshalb sieht die Regelung in § 4 Abs. 2 Nr. 5 der VO vor, dass die Weideflächen während der Brutzeit (01.03. bis 30.06. des Jahres) und darüber hinaus während der Beweidung außerhalb der festgelegten Wege und Pfade nicht betreten werden dürfen.

Des Weiteren ist es auf den Weideflächen nicht zulässig, Hunde während der Brutzeit (01.04. bis 30.06. des Jahres) und darüber hinaus während der Zeit der Beweidung frei laufen zu lassen (der Hund ist unter Kontrolle zu halten, faktisches Leinengebot), § 4 Abs. 2 Nr. 6 der VO.

In der Wiesenzone besteht ein Betretungsverbot während der Aufwuchszeit der Wiesen (01.03. bis 30.09. des Jahres), § 4 Abs. 2 Nr. 3 der VO; Hunde sind während der Aufwuchszeit an der Leine zu halten, § 4 Abs. 2 Nr. 4 der VO.

Das Wegekonzept innerhalb des Schutzgebiets besteht aus insgesamt 19,3 Kilometern. Mit ihnen ist eine Zugänglichkeit des Talraumes auch in den Beschränkungszeiten gewährleistet, kleine und große Rundwege sind möglich. Durch die Einrichtung von Hundefreilaufzonen innerhalb des Schutzgebiets wird der Forderung der Hundehalter nach freiem Auslauf für ihre Hunde Rechnung getragen, § 5 Nr. 7 der VO.

Es ist richtig, dass die landwirtschaftlich genutzten Wiesenflächen bereits heute nach geltendem Recht (Art. 30 BayNatSchG) in der Zeit des Aufwuchses (i.d.R. März bis September) nicht betreten werden dürfen. Geahndet werden kann dies aber weder nach dem BayNatSchG noch nach der geltenden Landschaftsschutzverordnung, da es nicht bußgeldbewährt ist.

Das Naturschutzgebiet bietet die Möglichkeit, ein Bußgeld auszusprechen, wenn uneinsichtige Besucher besonders schutzwürdige Flächen in sensiblen Zeiten betreten. Genauso besteht derzeit keine Möglichkeit die ganzjährige Mitnahmepflicht von Hundekot zu reglementieren oder die faktische Anleinpflicht für Hunde. In der NSG-VO unter § 4 Abs. 1 Nr. 10 wird dies nun klar geregelt. Die gesetzlichen Regelungen zu FFH-Gebieten gebieten diese Restriktion und darauf gestütztes Handeln.

Der Regierung von Mittelfranken ist klar, dass damit eine gewisse Einschränkung für manche Nutzer verbunden ist. Die ökologische Wertigkeit eines Naturschutzgebietes ist um ein vielfaches höher, als die eines Landschaftsschutzgebietes. Vor dem Hintergrund des obig Geschilderten ist der Erlass der Verordnung Ausdruck eines überwiegenden Gemeinwohls.

Der Aspekt der Erholung wird durch die Ausweisung als Naturschutzgebiet nicht unterbunden sondern künftig so geregelt, dass ein vernünftiges Miteinander möglich ist. Ein Ausschuss von Naherholung erfolgt mithin nicht.

Die Regierung von Mittelfranken wird die Verordnung über das Naturschutzgebiet "Pegnitztal Ost" dieses Jahr erlassen.

Mit freundlichen Grüßen

Reiß, Regierungsrat

K o m m e n t a r

Kurz nach der Landtagswahl ist – erwartungsgemäß – der Zeitpunkt gekommen, dass die Regierung von Mittelfranken im Pegnitztal-Ost ein Naturschutzgebiet ausweist, obwohl es sich um eine ganz gewöhnliche Pegnitzwiese handelt wie alle anderen von der Quelle bis zur Mündung auch – oder können Sie, geneigte Leserinnen und Leser aus dem Text der Regierung  eine Unabweisbarkeit erkennen? Die Regierung räumt auch ein, dass es gar keinen Bodenbrüter gibt, trotzdem werden die Familien vom Betreten des Pegnitztals ausgeschlossen. Die Argumentation der Regierung, es gebe doch so viele Asphaltwege, dürfte bei Familien im dichtbesiedelten Nürnberger Osten nur ein verständnisloses Kopfschütteln auslösen. Die beliebte Argumentation des Umweltamtes der Stadt Nürnberg, das Pegnitztal sei schließlich mit dem ehemaligen Truppenübungsplatz Hainberg gleichzusetzen und man wolle sich wie dort verhalten, d. h. das Betretungsverbot mit Hilfe der Polizei durchsetzen, macht die Argumentation auch nicht besser.

  

Was mir in dieser Angelegenheit so augenfällig wird, ist, mit welcher Intensität, Zähigkeit und Kostenintensität ein solches Projekt betrieben wird. Es wäre für den Steuerzahler sicher erhellend, wenn er all die Arbeitsstunden der Regierung von Mittelfranken und des Umweltamtes der Stadt Nürnberg einschließlich der externen Gutachterkosten aufgeschlüsselt bekäme. 

  

Dabei liegen die Probleme der Nürnberger Umwelt sicher nicht auf den Pegnitzwiesen der Gemarkung Mögeldorf. Nach den Vorstellungen der Stadtspitze sollen die Wohnbauflächen und die Gewerbeflächen weiter wachsen. Hier wäre die Kreativität des Umweltreferenten gefordert. Ein Landschaftsschutzgebiet und/oder ein Naturschutzgebiet im tiefen Feld und im Knoblauchsland – natürlich unter Beibehalten der Landwirtschaft –, damit endlich Wohnflächenzuwachs nicht in die Breite, in Flächenversiegelung, sondern in die Höhe entwickelt wird. Nürnberg ist zu schön, um den letzten Quadratmeter durch Flächenversiegelung zuzubetonieren.

  

Anmerkung:

Die „Verordnung über das Naturschutzgebiet „Pegnitztal Ost“ in der Stadt Nürnberg“ vom 30.11.2018 ist am 18.12.2018 in Kraft getreten.        

 

Wolfgang Köhler

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